Verfahrensgang

LG Bonn (Entscheidung vom 22.06.2006; Aktenzeichen 23 A 4/05)

 

Tenor

  • 1.

    • a)

      Der Beschluß des Landgerichts Bonn vom 22.06.2006, mit dem zugunsten der Beschwerdeführerin eine Vergütung von 194,88 EUR festgesetzt wurde, wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst :

      Zugunsten der Beschwerdeführerin wird eine Vergütung iHv 567,24 EUR festgesetzt.

    • b)

      Der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 20.02.2007 wird aufgehoben.

  • 2.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin verteidigte den früheren Angeklagten H zunächst in dem gegen ihn (und weitere Angeklagte) gerichteten Strafverfahren LG Bonn - 23 P 5/05 -. Die von ihr angemeldeten Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 2.253,88 EUR hat sie vollständig erhalten. Aus dem Verfahren 23 P 5/05 wurden die Verfahren gegen die beiden Angeklagten I B und N C abgetrennt und unter dem Az 23 A 4/05 fortgeführt.

In diesem Verfahren wurde der frühere Angeklagte H als Zeuge vernommen. Zum Termin am 01.03.2006 wurde Rechtsanwältin D als Zeugenbeistand für den Zeugen H geladen und sodann im Termin auf entspr. Antrag dem Zeugen "für seine Vernehmung als Rechtsbeistand beigeordnet". Für die Beistandstätigkeit meldete die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 02.03.2006 Gebühren in Höhe von 742,40 EUR zur Festsetzung an, die sich im wesentlichen aus der Grundgebühr nach VV 4101 zum RVG, der Verfahrensgebühr nach VV 4113 und der Terminsgebühr nach VV 4115 zusammensetzen. Die Rechtspflegerin bei dem Landgericht Bonn setzte nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 22.06.2006 lediglich eine Gebühr nach VV Nr. 4301 iHv 194,88 EUR "für die Einzeltätigkeit als Zeugenbeistand" fest und wies den weitergehenden Antrag mit Beschluss vom 20.02.2007 zurück. Gegen den (erst) am 23.07.2007 zugestellten Beschluss vom 20.02.2007 legte Rechtsanwältin D am 26.07.2007 "Beschwerde" ein, der die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 09.08.2007 nicht abhalf.

Die Strafkammer wies die - als Erinnerung gewertete - Beschwerde in der Besetzung mit 3 Richtern durch Beschluss vom 04.09.2007 zurück. Gegen diesen - nicht förmlich zugestellten - Beschluss hat Rechtsanwältin D mit Schriftsatz vom 01.10.2007 "Rechtsmittel" eingelegt.

II.

Bei dem Rechtsmittel handelt es sich um eine nach §§ 56 Abs. 2 S.1, 33 Abs. 3 RVG statthafte sofortige Beschwerde, die mangels förmlicher Zustellung der landgerichtlichen Entscheidung als fristgerecht zu behandeln ist.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Zeugenbeistand ist gebührenrechtlich nicht lediglich als Einzeltätigkeit gemäß Abschnitt 3. des VV mit der Verfahrensgebühr nach VV 4301 Z 4 (Beistandsleistung bei einer Vernehmung) von 168 EUR zu vergüten.

Die Frage, welche Gebühren einem Zeugenbeistand zustehen, der nach § 68 b StPO "für die Dauer der Vernehmung" beigeordnet worden ist, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. zum Meinungsstand Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., VV Teil 4, Abschnitt 1, Randnr.5 ff zur Vorbemerkung 4.1). Der Senat folgt der Auffassung, dass auf die Tätigkeit des Zeugenbeistands grds. der Abschnitt 1 des Teil 4 VV anzuwenden ist.

Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 06.01.06 - 2 Ws 9/06 - einem Zeugenbeistand in einem Wiederaufnahmeverfahren über die schon in der Vorinstanz festgesetzten Gebühren hinaus auch die Verfahrensgebühr nach VV 4138,4112 zugebilligt. (Die Grundgebühr fällt im Wiederaufnahmeverfahren kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung - 4.1.4. zum Unterabschnitt 4 VV - nicht an.)

Zur Begründung hat der Senat in dieser Entscheidung ausgeführt:

"Das RVG regelt erstmals die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Beistand für einen Zeugen ausdrücklich. Dies erfolgt in den Vorbemerkungen zu den einzelnen Teilen des Gebührenverzeichnisses. Nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil 4 des VV sind für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand die für Verteidiger geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Die Gleichstellung hinsichtlich des Gebührenansatzes war ausdrückliche Intention des Gesetzgebers (BT-Ds. 15/1971, S. 145; vgl. dazu auch: Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl. 2005, VV Teil 4 Vorbem. 4, Rdn. 22; Römermann/Hartung-Hartung, RVG, 2004, VV Teil 4, Rdn. 27; Göttlich/Mümmler, RVG, 1. Aufl. 2004, Anm. 3 zum Stichwort "Beistand", S. 128 f.). Für das Wiederaufnahmeverfahren wird dies in den Gebührentatbeständen Nr. 4136 ff. VV zum Ausdruck gebracht. Hieraus folgt, dass der dem Zeugen beigeordnete Rechtsanwalt grundsätzlich auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4138 beanspruchen kann (zutreffend: KG, B. v. 18.7.2005, 3 Ws 323/05, RPfl 2005, 694, 695). Dies ist sachlich gerechtfertigt, weil der Zeugenbeistand über die Teilnahme an der Vernehmung des Zeugen hinaus in aller Regel auch im Rahmen der Terminsvorbereitung, etwa durch eine Besprechung mit dem Zeugen, tätig wird.

Eine andere Entscheidung ist au...

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