Tenor
Das Amtsgericht Euskirchen ist sachlich und örtlich zuständig.
Gründe
I. Der im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln ansässige Antragsteller hat beim ebenfalls im hiesigen Bezirk angesiedelten zentralen Mahngericht einen Vollstreckungsbescheid gegen die im Bezirk des Landgerichts Kiel wohnhafte Antragsgegnerin erwirkt. Eine Abgabe an das Streitgericht ist nicht erfolgt. Auf Grundlage des Vollstreckungsbescheids möchte der Antragsteller ein von der Antragsgegnerin in den Niederlanden geführtes Bankkonto pfänden. Auf seinen hierfür zunächst beim Amtsgericht Euskirchen eingereichten Antrag auf Erlass eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung gem. EuKoPfVO hat dieses mitgeteilt, hierfür nicht zuständig zu sein. Gem. §§ 946 Abs. 1, 943 Abs. 1 ZPO sei das Landgericht Kiel als Wohnsitzgericht der Antragsgegnerin sachlich und örtlich zuständig. Eine Verweisung könne nur erfolgen, wenn zuvor die Schuldnerin angehört werde. Daraufhin hat der Antragsteller den Antrag zurückgenommen und erneut beim Landgericht Kiel eingereicht. Dieses hat sich für örtlich unzuständig erklärt und die Sache gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hält das Amtsgericht Euskirchen weiter für zuständig. Das Mahngericht bleibe für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Beschlusses über die vorläufige Kontopfändung sachlich und örtlich zuständig.
II. 1. Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO für die Entscheidung des negativen Kompetenzstreits zuständig, da das zuerst mit der Sache befasste Amtsgericht Euskirchen im hiesigen Bezirk liegt.
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind gegeben. Die Vorschrift ist für die Kontopfändung entsprechend anwendbar (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 14.07.2016 - 32 SA 45/16 -, JurBüro 2017, 327).
Grundsätzlich wird gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO allerdings das zuständige Gericht nur bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Im Interesse einer raschen Klärung negativer Kompetenzkonflikte lässt die Rechtsprechung jedoch im Rahmen der analogen Anwendung des § 36 Nr. 6 ZPO die tatsächliche beiderseitige Kompetenzleugnung ausreichen (BGH, Beschluss vom 08. Juni 1988 - I ARZ 388/88 -, BGHZ 104, 363-369, Rn. 5). Erforderlich ist allerdings, dass die funktionell zuständigen Richter tätig geworden sind (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. Dezember 2018 - 209 AR 12/18 -, juris).
So liegt der Fall hier. Aus dem Schreiben des Richters am Amtsgericht Euskirchen und dem Beschluss des zuständigen Einzelrichters am Landgericht Kiel geht eine eindeutige Kompetenzleugnung hervor. Es wäre eine bloße Förmelei, die der pragmatischen Handhabung der Vorschrift zuwiderliefe, über diese Kompetenzleugnung hinaus noch weitere Entscheidungen zu verlangen, zumal der Verzicht auf eine unanfechtbare Entscheidung seitens des Amtsgerichts Euskirchen mit denkbaren Nachteilen für die Vollstreckung durch die für erforderlich gehaltene Anhörung der Vollstreckungsschuldnerin begründet wurde.
3. Zum sachlich und örtlich zuständigen Gericht wird das Amtsgericht Euskirchen bestimmt.
a) Nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sind die Gerichte des Mitgliedsstaats, in dem eine gerichtliche Entscheidung erlassen wurde, für den Erlass des Beschlusses zur vorläufigen Pfändung über die in der gerichtlichen Entscheidung angegebene Forderung zuständig. Nach Art. 46 Abs. 1 der Verordnung bleibt die örtliche und sachliche Zuständigkeit dem autonomen mitgliedstaatlichen Recht überlassen (MüKoZPO/Lugani, 6. Aufl. 2022, ZPO § 946 Rn. 10). Der deutsche Gesetzgeber hat in § 946 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt, dass für den Erlass des Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung nach der EuKoPfVO das Gericht der Hauptsache zuständig ist.
b) Nach Auffassung des Senats ist das Mahngericht das Gericht der Hauptsache im Sinne von § 946 Abs. 1 S. 1 ZPO, wenn - wie hier - das Mahnverfahren durch Vollstreckungsbescheid beendet und ein streitiges Verfahren nicht begonnen worden ist. Der Senat tritt insoweit der sorgfältig begründeten Entscheidung des Landgerichts Freiburg (LG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 20. August 2018 - 5 O 269/18 -, juris) bei, wonach der deutsche Gesetzgeber gewährleisten wollte, dass für die vorläufige Kontenpfändung nicht nur die Gerichte desselben Mitgliedsstaats, sondern dasselbe Gericht zuständig wird und daher wie bei Maßnahmen gem. §§ 919, 937, 943 ZPO das Mahngericht bis zur Abgabe an das Streitgericht zuständig bleibt (MüKoZPO/Drescher, 6. Aufl. 2020, ZPO § 919 Rn. 7; BeckOK ZPO/Mayer, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 919 Rn. 5; a.A. G. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 919 ZPO, Rn. 4). Ungeachtet des Umstands, dass die Frage der Zuständigkeit im deutschen Prozessrecht gem. § 919 ZPO nicht unumstritten ist (vgl. o.), hat die Entscheidung des Landgerichts Freiburg zur Zuständigkeit für Maßnahmen nach der ...