Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachverständiger, Honorierung, persönlicher Auftrag

 

Leitsatz (amtlich)

Überträgt der zum Sachverständigen benannte Chefarzt die gesamte Exploration trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts, dass er das Gutachten selbst und aufgrund eigener Untersuchung zu erstatten habe, ohne dies dem Gericht anzuzeigen, auf den Oberarzt mit der (nachträglichen) Begründung, nur dieser habe die Facharztreife für den Bereich Rheumatologie, so ist das Gutachten unverwertbar und nicht zu honorieren.

 

Normenkette

ZPO § 407a Abs. 2; JVEG § 4

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 30.04.2013; Aktenzeichen 26 O 316/10)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Beweisbeschluss vom 22.2.2012 wurde die Einholung eines psychosomatisch-rheumatologischen Sachverständigengutachtens durch das LG angeordnet. Es bestimmte Prof. Dr. C mit Beschluss vom 8.5.2012 zum Sachverständigen. Zur Erledigung des Gutachtenauftrages bestimmte es eine Frist von vier Monaten. Da das Gutachten bis zum 21.11.2012 noch nicht eingegangen war, drohte das LG dem Sachverständigen mit Beschluss vom selben Tage die Verhängung eines Ordnungsgeldes an. Des Weiteren heißt es in dem Beschluss wie folgt: "... weist das Gericht zudem darauf hin, dass der Sachverständige das Gutachten selbst und aufgrund eigener Untersuchung erstatten muss. Hilfspersonen darf er nur für untergeordnete Tätigkeiten einschalten. Wird das Gutachten nicht aufgrund eigener Untersuchung des Sachverständigen erstattet, ist es unverwertbar. Die Vergütung kann in diesem Fall auf 0 EUR festgesetzt werden ..." Der Beschluss wurde dem Sachverständigen ausweislich der Postzustellungsurkunde am 22.11.2012 zugestellt. In seinem Antwortschreiben kündigte der Sachverständige an, dass eine Untersuchung der Klägerin für den 8.1.2013 vorgesehen sei. Das auf den 14.1.2013 datierende Sachverständigengutachten ging am 17.1.2013 bei Gericht ein. Unterschrieben ist es vom ernannten Sachverständigen Prof. Dr. C und seitlich daneben von "Dr. M. Q, Ltd. Oberarzt der Klinik". Für die Erstattung des Gutachtens liquidierte Dr. Q mit Rechnung vom 21.1.2013 1.414,25 EUR, der ernannte Sachverständige für die im Rahmen der Begutachtung durchgeführten Untersuchungen am 19.1.2013 weitere 545,53 EUR.

Mit Schriftsatz vom 11.2.2013 teilte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit, sie habe Prof. Dr. C während der Begutachtung nie gesehen; die Untersuchungen seien sämtlich durch Dr. Q durchgeführt worden. In seiner Stellungnahme wurde dies vom Sachverständigen bestätigt. Zur Begründung verwies er darauf, der Gutachtenauftrag vom 8.5.2012 habe keine Begutachtung durch ihn persönlich zwingend vorgesehen. Bei einer derartigen Beschränkung des Gutachtensauftrages hätte er den Untersuchungsauftrag wegen Überlastung ablehnen müssen. Darüber hinaus besitze lediglich Dr. Q die Facharztreife für den Bereich Rheumatologie. Folglich sei dieser für die speziellen rheumatologischen Untersuchungen besonders qualifiziert. Die Übertragung einzelner, nachgeordneter Tätigkeiten entspreche der üblichen Praxis bei der Erstellung eines Gutachtens und sei nicht zu beanstanden. Er habe das Gutachten erstellt und aufgrund eigener Urteilsbildung unterzeichnet.

Mit Beschluss vom 30.4.2013 hat das LG dem Sachverständigen den Gutachtenauftrag entzogen und ihm eine Honorierung für das Gutachten versagt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Sachverständige Prof. Dr. C habe gegen seine in § 407a ZPO normierte Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung verstoßen, ohne dies kenntlich zu machen mit der Folge, dass das Gutachten unverwertbar und nicht zu honorieren sei.

Hiergegen richtet sich der Sachverständige mit seiner Eingabe. Zur Begründung verweist er nochmals darauf, dass für die Gutachtenerstattung die spezielle Qualifikation von Dr. Q genutzt worden sei. Das Gutachten selbst, insbesondere die Kapital Sachverhalt und Beantwortung der Beweisfrage, habe er selbst unter Würdigung aller Untersuchungen erstellt.

Das LG hat der Beschwerde - von ihm fälschlicherweise als sofortige Beschwerde bezeichnet, s. § 4 Abs. 3 JVEG - des Sachverständigen nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat zur Begründung nochmals darauf verwiesen, dass es der Sachverständige pflichtwidrig unterlassen habe mitzuteilen, die vollständige Übertragung des Gutachtenauftrages bezüglich der Untersuchung der Klägerin auf seinen Oberarzt übertragen zu haben.

II. Die gem. § 4 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 und 2 JVEG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat vollumfänglich anschließt, hat das LG dem Sachverständigen Prof. Dr. C den Gutachtenauftrag entzogen und die ihm zu gewährende Vergütung auf "Null" festgesetzt.

1. Gemäß § 407a Abs. 2 ZPO ist der Sachverständige nicht befugt, den ihm erteilten Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Bed...

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