Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligung von Hilfspersonen durch Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beteiligt ein Sachverständiger Hilfspersonen bei der Erstellung des Gutachtens, dann darf dies nicht dazu führen, dass die Gesamtverantwortlichkeit des seitens des Gerichts beauftragten Sachverständigen nicht mehr gewährleistet ist.

2. Eine bloße Plausibilitätsprüfung durch einen zum Sachverständigen ernannten Chefarzt reicht nicht aus.

3. Insbesondere bei psychiatrischen Gutachten darf der benannte Sachverständige seinem Mitarbeiter nicht die persönliche Begegnung mit der zu explorierenden Person allein überlassen.

 

Normenkette

GKG §§ 21, 66; ZPO §§ 407a, 404a

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 30.05.2010; Aktenzeichen 26 O 359/05)

 

Tenor

Der Beschluss der 26. Zivilkammer des LG Köln vom 30.5.2010 (richtig: 30.5.2011) - 26 O 359/05 - wird aufgehoben.

Die Sache wird dem LG zur erneuten Entscheidung nach Maßgabe der folgenden Gründe zurückgegeben.

 

Gründe

I. Durch Beweisbeschluss wurde Herr Prof. Dr. L. namentlich zum Sachverständigen ernannt. Ihm wurde aufgetragen, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zu erstatten. Auf der ersten Seite des sodann erstatteten schriftlichen Gutachtens heißt es oben rechts: "Direktor der Klinik: Univ.-Prof. Dr. J. L.." Nach Benennung der begutachteten Person, der Klägerin, und des Auftraggebers, des LG Köln, ist zu lesen: "Sachbearbeiter: Herr Dr. C. M." Unter dem Text des Gutachtens auf der letzten Seite heißt es unterhalb einer handschriftlichen Unterschrift: "Dr. C. M., Sachbearbeiter/Wissenschaftlicher Mitarbeiter." Sodann folgt der maschinenschriftliche Text: "Auf Grund eigener Untersuchung und Urteilsbildung einverstanden:" Darunter befindet sich eine Unterschrift mit dem Zusatz: "Dr. W. I., Oberarzt der Klinik." Wiederum darunter heißt es maschinenschriftlich: "Auf Grund eigener Urteilsbildung einverstanden:" Unter der darunter gesetzten handschriftlichen Unterschrift steht zu lesen: "Prof. Dr. J. L., Direktor der Klinik."

Das Gutachten wurde den Parteien zur Stellungnahme übersandt. Die Klägerin, um deren Exploration es gegangen war, rügte nunmehr, dass der als Sachverständiger im Beweisbeschluss ausdrücklich benannte Prof. Dr. L. das Gutachten nicht erstellt, sie insbesondere zu keinem Zeitpunkt untersucht habe. Hierwegen beantragte sie mündliche Anhörung des Sachverständigen, hilfsweise die von Dr. M.

Nunmehr bestimmte die Kammer Termin zur mündlichen Verhandlung und lud Prof. Dr. L. Zur Begründung wurde angegeben, dieser solle zu den Einwendungen der Klägerin im Hinblick auf das schriftliche Gutachten gehört werden. Nachdem Prof. Dr. L. im Termin zunächst zum erstatteten Gutachten inhaltlich Stellung genommen hatte, räumte er auf Befragen der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten ein, erstere nicht persönlich untersucht zu haben. Erläuternd fügte er hinzu, seine Aufgabe als Chefarzt der großen Klinik sei es, die von den Oberärzten und Assistenzärzten erstellten Gutachten auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Dies habe er auch vorliegend so gehalten, nachdem das Gutachten von Dr. M. und Dr. I. erstellt und vorbereitet worden war.

Hieraufhin unterbrach das LG die Anhörung des Sachverständigen, um in dessen Abwesenheit die Verwertbarkeit des bisherigen Gutachtens und das weitere prozessuale Vorgehen zu erörtern. Anschließend wurde der Sachverständige, wie sich ebenfalls dem Sitzungsprotokoll entnehmen lässt, entlassen und die Möglichkeit einer vergleichsweisen Einigung erörtert. Hierzu machte die Kammer den Parteien einen Vergleichsvorschlag, auf den sich diese in der Folgezeit verständigten, so dass eine Feststellung nach § 278 Abs. 6 ZPO erfolgen konnte.

Noch im Termin hatten beide Parteien übereinstimmend den Antrag gestellt, dem Sachverständigen die Entschädigung zu versagen. Dies lehnte die Kammer mit Beschluss vom 3.12.2009 ab. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Niederschlagung nach § 21 GKG könne nur nach den zu § 8 JVEG entwickelten Grundsätzen erfolgen. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Denn dem Sachverständigen sei kein Schuldvorwurf zu machen, weil er sein Vorgehen auf Grund langjähriger Übung als korrekt angesehen habe. Außerdem sei im schriftlichen Gutachten unmissverständlich die Vorgehensweise offengelegt worden.

Der Beschwerde der Klägerin hat das LG nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Köln - 20 W 14/10 - vorgelegt. Dieses hat das Rechtsmittel mit der Begründung zurückgewiesen, weder das GKG noch das JVEG sähen die Niederschlagung von Sachverständigenkosten vor. Einzig durch eine Erinnerung gegen die Gerichtskostenrechnung nach § 66 GKG könne die Klägerin eine Überprüfung der Sachverständigenentschädigung erreichen.

Antragsgemäß erließ die Rechtspflegerin in der Folgezeit Kostenfestsetzungsbeschluss. Hiergegen legte die Klägerin Beschwerde mit dem Antrag ein, die "Vergütung des Sachverständigen niederzuschlagen". Auf den Hinweis der Rechtspflegerin unter Bezugnahme auf die Ausführungen des OLG Köln nahm die Klägerin die Besch...

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