Verfahrensgang

AG Eschweiler (Aktenzeichen 16 F 116/20)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 09.09.2021 - 16 F 116/20 - aufgehoben.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss, mit welchem das Amtsgericht - Familiengericht - Eschweiler dem Antragsteller, dem durch Beschluss vom 20.11.2020 (Bl. 24 VKH-Heft) Verfahrenskostenhilfe zu Raten von monatlich 66,00 EUR bewilligt worden war, diese Bewilligung wegen Nichtzahlung offener Raten nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO widerrufen hat, hat Erfolg.

Das Amtsgericht hat zwar zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller seiner Zahlungsverpflichtung länger als drei Monate nicht nachgekommen ist; darüber hinaus ist aber auch zu prüfen, ob der Beteiligte den Rückstand nicht zu vertreten hat. Dies wird nicht nur angenommen, wenn er im fraglichen Zeitraum zur Ratenzahlung nicht in der Lage gewesen ist. Ein unverschuldeter Rückstand i.o.S. ist auch dann anzunehmen, wenn dem Beteiligten Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung hätte bewilligt werden müssen. Es fehlt nämlich am Verschulden, wenn gegen die Raten-anordnung der ursprünglichen Verfahrenskostenhilfebewilligung keine Beschwerde eingelegt wurde, aber feststeht, dass der Antragsteller zur Zahlung der Raten nicht in der Lage war, Verfahrenskostenhilfe als richtigerweise ratenfrei hätte bewilligt werden müssen (OLG Köln, Beschl. v. 05.09.2002 - 14 WF 126-128/02, FamRZ 2003, 774; Zöller-Schultzky, 33. Aufl. (2020), § 124, Rn. 22).

Bei einer Entscheidung über die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe sind die subjektiven Voraussetzungen der Verfahrenskostenhilfe auch dann nochmals zu prüfen, wenn - wie vorliegend - die Bewilligungsentscheidung formell rechtskräftig geworden ist. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe erwächst weder in ihren begünstigenden noch in ihren belastenden Bestandteilen.in materielle Rechtskraft, so dass - während der Rücknahme der Begünstigung der Vertrauensschutz entgegensteht - die Belastung durch Ratenanordnung ohne diese Beschränkung überprüfbar bleibt (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 22.12.2014 - 20 WF 1354/14, FamRZ 2015, 948; OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.04.2018 - 13 WF 73/18, FamRZ 2019, 49).

Nach diesen Grundsätzen lässt die Überprüfung der mit Beschluss vom 20.11.2020 angeordneten Ratenzahlungen es vorliegend nicht zu, die unterlassene Zahlung der Raten als Rückstand i.S.d. § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu betrachten, der die Aufhebung von Verfahrenskostenhilfe rechtfertigen könnte.

Bei der Bewilligungsentscheidung der Verfahrenskostenhilfe für den Antragsteller ist diesem, wie sich aus dem Berechnungsbogen des Beschlusses (Bl. 27 VKH-Heft) ergibt, der an sein Kind A gezahlte Unterhalt (251,00 EUR) nicht abgezogen worden. Unter Berücksichtigung dieser Zahlungsverpflichtung - die der Antragsteller, der aufgrund des - wie sich aus der Hauptakte ergibt - Wohnsitzes von A bei der Mutter barunterhaltspflichtig ist, auch während der Durchführung des Privatinsolvenzverfahrens weiter bedient, Bl. 6r VKH-Heft - verbleibt kein einzusetzendes Einkommen mehr (zuvor einsatzfähig: 132,16 EUR, unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistung: 0 EUR). Richtigerweise hätten daher schon in der Ausgangsentscheidung keine Raten festgesetzt werden dürfen.

Bei dieser Sachlage verbleibt es zwar - mangels Abänderungsbefugnis des Senats - bei den seinerzeit im Bewilligungsbeschluss festgesetzten Raten, die (etwa bei Verbesserung der Einkommenssituation) eingezogen werden können; eine Aufhebung der Bewilligung aber ist nicht möglich (vgl. Gottschalk/Schneider, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 10. Aufl. (2022), Rn. 1020;

Eine Kostenentscheidung ist im Verfahren über Verfahrenskostenhilfe entbehrlich; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 76 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 15113995

FuR 2022, 545

FF 2022, 263

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