Entscheidungsstichwort (Thema)

Geänderte Rspr. des BGH zur Anrechnungsmethode/Differenzmethode

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anwendung der geänderten Rspr. des BGH zur Anwendungsmethode/Differenzmethode (BGH v. 13.6.2001 – XII ZR 343/99, MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = FamRZ 2001, 986 ff.) kommt auch für vor dem 13.6.2001 liegende Zeiträume in Betracht, wenn es um die Voraussetzungen für einen Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 4 S. 2 BGB geht. Dies gilt insb. dann, wenn der Unterhaltsberechtigte in der Vergangenheit auf der Grundlage der früheren Rspr. vorübergehend keinen Unterhalt mehr beansprucht hat und deshalb fraglich ist, ob der Einsatzzeitpunkt gewahrt ist.

2. § 1576 BGB sieht keine Einsatzzeitpunkte vor und ist deshalb zu prüfen, falls die Zubilligung eines Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit lediglich am Einsatzzeitpunkt scheitert und die zusätzliche Voraussetzung der groben Unbilligkeit erfüllt ist.

 

Verfahrensgang

AG Waldbröl (Beschluss vom 15.10.2003; Aktenzeichen 12 F 245/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG – FamG – Waldbröl vom 15.10.2003 – 12 F 245/03 – aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das AG – FamG – Waldbröl zurückverwiesen mit der Maßgabe, dass die beantragte Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zurückzuweisen ist.

 

Gründe

Die Parteien waren seit dem Jahr 1971 miteinander verheiratet. Aus der Ehe sind zwei in den Jahren 1978 und 1983 geborene Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung im Jahr 1994 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag, in dem sich der inzwischen 59 Jahre alte Antragsgegner, der als Arzt freiberuflich tätig ist und eine eigene Praxis betreibt, verpflichtete, an die inzwischen 54-jährige Antragstellerin, die während der Ehe ihrem Beruf als Grundschullehrerin nicht mehr nachgegangen und auch nicht anderweitig berufstätig war, einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 2.500 DM zu zahlen, „solange Unterhaltsberechtigung besteht”. Dabei sollte ein Verdienst der Antragstellerin bis 1.000 DM anrechnungfrei sein. In der Folgezeit wurde die Ehe der Parteien geschieden. Durch den am 2.7.1997 in dem Verfahren 27 UF 23/97 OLG Köln geschlossenen Vergleich änderten die Parteien den vorgenannten Ehevertrag in Bezug auf den nachehelichen Unterhalt dahin ab, dass der Antragsgegner sich verpflichtete, an die Antragstellerin vom 7.12.1995 bis März 1996 monatlich 1.350 DM zu zahlen, von April 1996 bis Dezember 1997 monatlich 1.800 DM sowie von Januar 1998 bis Dezember 1999 monatlich 800 DM. Ziff. 3. des Vergleichs sah vor, dass der Unterhalt für den Fall, dass die Antragstellerin ab 1.1.2000 Unterhaltsansprüche gegen den Antragsgegner geltend machen sollte, nach der gesetzlichen Regelung berechnet werden sollte. Tatsächlich nahm die Antragstellerin, die zu diesem Zeitpunkt als Lehrerin im Angestelltenverhältnis an einer Hauptschule tätig war, den Antragsgegner ab Januar 2000 zunächst nicht mehr auf Unterhaltszahlung in Anspruch. Seit Sommer 2000 ist die Antragstellerin infolge Krankheit nicht mehr arbeitsfähig. Bis zum Frühjahr 2002 bezog sie Krankengeld, anschließend erhielt sie bis zum 7.6.2003 Zahlungen durch das Arbeitsamt, die sodann im Hinblick darauf, dass bei der Antragstellerin ein Restleistungsvermögen von weniger als 15 Stunden wöchentlich vorliegt, eingestellt wurden. Den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung lehnte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Bescheid vom 13.3.2002 mangels Einhaltung der Wartefrist ab.

Mit der von ihr beabsichtigten Stufenklage vom 15.7.2003 verlangt die Antragstellerin von dem Antragsgegner Auskunftserteilung über die vom ihm erzielten Einnahmen sowie – rückwirkend ab Juni 2003 – Zahlung eines auf der Grundlage der erteilten Auskunft noch zu beziffernden monatlichen Unterhaltsbetrags. Durch den im Tenor näher bezeichneten Beschluss hat das AG – FamG – Waldbröl den Antrag der Antragstellerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen, zurückgewiesen und ausgeführt, ihre Rechtsverfolgung biete keine Aussicht auf Erfolg, da ein Wiederaufleben der Unterhaltsansprüche der Antragstellerin nach längerer Unterbrechung nicht in Betracht komme. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der das AG nicht abgeholfen, sondern die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat. Durch Beschluss vom 17.12.2003 hat die zuständige Einzelrichterin die Sache dem Senat übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Entgegen den Ausführungen des AG kommt ein Anspruch der Antragstellerin auf Zahlung von Unterhalt durchaus in Betracht.

Nach § 1573 Abs. 4 BGB kann der geschiedene Ehegatte Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Tätigkeit wegfallen, weil es ihm nicht gelungen war, den Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit nachhaltig zu sicher...

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