Leitsatz (amtlich)
1. Sind die in § 193 Abs. 6 VVG festgelegten Prämienrückstände aufgelaufen, ist der Versicherer zur Mahnung verpflichtet.
2. Der Versicherer einer Krankheitskostenpflichtversicherung im Sinne des § 193 Abs. 3 VVG kann sich nicht darauf berufen, dass ihm eine Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht zur rechtzeitigen Mahnung von Beitragsrückständen infolge einer von ihm selbst vorgenommenen rückwirkenden Policierung unmöglich gewesen sei, die Umstellung in den Notlagentarif daher erst zu einem späteren Zeitpunkt eingreife.
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 9 O 263/17) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu den Hinweisen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senats aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage auf Prämienzahlungen über den zugesprochenen Betrag von 4.943,60 EUR nebst Zinsen und Mahnkosten hinaus zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren auf Zahlung von Versicherungsprämien für den Basistarif in Höhe von 665,00 EUR für den Monat Dezember 2016 und in Höhe von monatlich 682,95 EUR für die Monate Januar 2017 bis einschließlich Mai 2017 weiter. Für diese Zeiträume ab Dezember 2016 ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nur noch die Zahlung des Notlagentarifs i.H.v. 73,22 EUR pro Monat verlangen kann. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil an. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere rechtliche Würdigung, die Berufung ist unbegründet.
Das Landgericht hat die Regelungen in § 193 Abs. 3, 6 und 7 VVG rechtsfehlerfrei angewandt. Der Vertragsbeginn datiert auf den 01. Juni 2016. Nach dem klägerischen Vortrag leistete der Beklagte seit Juni 2016 keinerlei Zahlung. Daher hätte die erste Mahnung gemäß § 193 Abs. 6 S. 1 VVG spätestens im August 2016 erfolgen müssen. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte schon mit den Prämienanteilen für Juni und Juli, mithin für zwei Monate in Rückstand. Gemäß den Anforderungen des § 193 Abs. 6 S. 3 VVG hätte zwei Monate später, das heißt im Oktober 2016, erneut gemahnt werden müssen. Denn der Beklagte leistete auch weiterhin nicht, so dass der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zu diesem Zeitpunkt höher als der Prämienanteil für einen Monat war. Auch einen Monat nach dieser erforderlichen zweiten Mahnung, d.h. im November 2016, war der Zahlungsrückstand höher als der Prämienanteil für einen Monat. Folglich ruhte gemäß § 193 Abs. 6 S. 4 VVG der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats, mithin ab dem 01. Dezember 2016. Dies hatte gemäß § 193 Abs. 7 S. 1 VVG zur Folge, dass der Versicherungsnehmer ab diesem Zeitpunkt als im Notlagentarif nach § 153 VAG n.F. versichert gilt. Ab Dezember 2016 stand dem Kläger allein der vom Landgericht zugesprochene Prämienanteil für den Notlagentarif in Höhe von 73,22 EUR pro Monat zu und nicht mehr in Höhe der Vollprämie.
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Versicherungsvertrag unstreitig erst mit dem Antragsformular vom 25.08.2016 beantragt und erst am 21.10.2016 rückwirkend auf den 01.06.2016 policiert wurde. Dass die nach dem Gesetz erforderlichen Mahnungen nicht erfolgten und faktisch zu den oben genannten Zeitpunkten (August und Oktober 2016) auch nicht erfolgen konnten, da der Vertragsschluss auf den 21.10.2016 datiert, rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung. Denn der Kläger kann sich gemäß § 242 BGB nicht darauf berufen, dass ihm aufgrund der von ihm selbst vorgenommenen rückwirkenden Policierung eine Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen zur Mahnung gemäß § 193 Abs. 6 VVG nicht möglich gewesen sei. Die rückwirkende Policierung steht einer Umstellung in den Notlagentarif ab Dezember 2016 nicht entgegen.
Der Wechsel in den Notlagentarif tritt kraft Gesetzes und nicht aufgrund einer Erklärung des Versicherers ein (OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.06.2016 - 12 U 78/16, Rn. 34, juris). Wenn die in § 193 Abs. 6 VVG festgelegten Prämienrückstände aufgelaufen sind, darf es nicht dem Ermessen des Versicherers überlassen werden, ob es zu einem Ruhen des Vertrages und damit zu einer Versicherung im Notlagentarif kommt (OLG Oldenburg, Urt. v. 08.02.2017 - 5 U 91/16, Rn. 10, juris; LG Nürnberg-Fürth, Hinweis v. 19.10.2015 - 8 O 6702/15, Rn. 3, juris; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 17.04.2...