Leitsatz (amtlich)

1. Gefährdet ein Kind, dem von seinen Eltern ein Hausgrundstück weitgehend unentgeltlich übertragen wurde, ein diesen auf dem Grundstück eingeräumtes lebenslanges Wohnungsrecht durch Androhung der Zwangsversteigerung aufgrund der dem Wohnungsrecht vorgehenden eingetragenen Rechte, so kann dies den Schenkungswiderruf gem. §§ 530, 531 BGB rechtfertigen.

2. Der Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks kann durch Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Rückübertragung des Eigentums und eines Verfügungs- und Veräußerungsverbots im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden.

 

Normenkette

BGB §§ 530-531, 812, 883, 885, 888; ZPO §§ 935, 938, 940-941

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 15 O 83/02)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 15. Zivilkammer des LG Köln (Einzelrichter) vom 21.2.2002 – 15 O 83/02 – aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das LG zurück verwiesen. Das LG wird angewiesen, den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Antragsteller begehren den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Rückübertragung des Eigentums an dem der Antragsgegnerin übertragenen Grundstück und eines Verfügungs- und Veräußerungsverbots bezüglich dieses Grundstücks. Sie stützen den behaupteten Anspruch auf Rückübertragung darauf, das Grundstück sei der Antragsgegnerin im Wege einer Schenkung übertragen und diese Schenkung sei wegen groben Undanks widerrufen und im Übrigen gem. § 119 Abs. 2 BGB angefochten worden. Das LG (Einzelrichter) hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung der Antragsgegnerin durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen, weil, sofern überhaupt von einer Schenkung ausgegangen werden könne, grober Undank nicht konkret dargelegt und auch für einen Anfechtungstatbestand nichts Ausreichendes dargelegt sei. Der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der ergänzend vorgetragen worden ist, hat das LG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung kann mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses und der ergänzenden Begründung des Nichtabhilfebeschlusses nicht verweigert werden.

1. Die Antragsteller haben einen Verfügungsanspruch ausreichend glaubhaft gemacht.

a) Nach dem Inhalt der vorgelegten Urkunden und dem eidesstattlich bekräftigten Vortrag der Antragsteller hat die Antragsgegnerin das Grundstück aufgrund einer Schenkung erworben. In dem „Kaufvertrag” vom 15.12.1992 ist der Kaufpreis für das Grundstück mit 250.000DM vereinbart, obwohl sein Verkehrswert ausweislich der vorliegenden Wertermittlung zum damaligen Zeitpunkt rund 565.000DM betrug. Der vereinbarte Kaufpreis sollte i.H.v. 50.000DM durch Anrechnung von Ausbauleistungen der Antragsgegnerin, i.H.v. 40.000DM durch Verrechnung des Wertes des den Antragstellern eingeräumten lebenslangen Wohnungsrechts und i.H.v. 160.000DM durch Übernahme der in dieser Höhe valutierenden Grundpfandrechte erbracht werden. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, wie die seinerzeitigen subjektiven Äquivalenzvorstellungen der Parteien (vgl. dazu Kollhosser in MünchKomm, 3.Aufl., § 516 Rz. 13 ff.) zu bewerten sind und ob tatsächlich eine verschleierte Schenkung (dazu Kollhosser in MünchKomm, 3.Aufl., § 516 Rz. 25) vorlag. Jedenfalls lag eine gemischte Schenkung (dazu Kollhosser in MünchKomm, 3.Aufl., § 516 Rz. 26) vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Übernahme von Grundpfandrechten und die Einräumung eines Wohnungsrechts in der Regel keine Gegenleistung des Beschenkten darstellen, sondern lediglich den Wert der Schenkung mindern (vgl. BGH v. 7.4.1989 – V ZR 252/87, BGHZ 107, 156 [159f] = MDR 1989, 803 = NJW 1989, 2122 f.). Ob sich hier aufgrund des Vortrags der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren oder in einem eventuellen Hauptsacheverfahren etwas anderes ergibt, kann beim gegenwärtigen Verfahrensstand dahin stehen; zur Zeit ist das Vorliegen einer gemischten Schenkung mit weit überwiegendem Schenkungscharakter ausreichend glaubhaft gemacht.

b) Glaubhaft gemacht ist auch, dass die Schenkung wirksam gem. den §§ 530, 531 BGB widerrufen worden ist. Als grober Undank (zum Begriff vgl. etwa BGH v. 24.3.1983 – IX ZR 62/82, BGHZ 87, 145 [149] = MDR 1983, 663; BGH v. 27.9.1991 – V ZR 55/90, MDR 1992, 182 = NJW 1992, 183 [184]; NJW 2000, 2301) erscheint schon die glaubhaft gemachte Tatsache, dass die Antragsgegnerin ihre Eltern inzwischen als „asozialer Asi” bezeichnet und dass sie ihnen angekündigt hat, sie „unter die Erde zu bringen”. Aus den überreichten Urkunden ergibt sich zudem, dass die Antragsgegnerin offenbar der Ansicht ist, sie könne aus Anlass der inzwischen aufgetretenen Streiti...

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