Entscheidungsstichwort (Thema)
Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts bei Zusammenleben mit neuem Ehepartner
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein wiederverheirateter Unterhaltsschuldner gesteigert unterhaltspflichtig i.S.d. § 1603 Abs. 2 S. 1 und S. 2 BGB, kann sein notwendiger Selbstbehalt in Ansehung des gemeinsamen Wohnens und Wirtschaftens mit dem neuen Ehegatten auf den sozialhilferechtlichen Mindestbedarf (i.H.v. 750,00 EUR) herabgesetzt werden.
2. Bei beschränkter Leistungsfähigkeit kann der barunterhaltspflichtige Elternteil auch verpflichtet sein, eine von ihm nicht genutzte Eigentumshälfte an einem Hausgrundstück zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit zu verkaufen.
Normenkette
BGB § 1603 II
Verfahrensgang
AG Monschau (Urteil vom 04.03.2009; Aktenzeichen 6 F 164/08) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Monschau vom 4.3.2009 (6 F 164/08) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
III. Den Klägern wird zur Verteidigung gegen die Berufung des Beklagten ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G in E. bewilligt.
Gründe
Die zulässige Berufung, über die der Senat nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss entscheidet, hat in der Sache keinen Erfolg. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht kann dem Beklagten auch keine Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligt werden. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 16.6.2009 Bezug genommen. Die Ausführungen des Beklagten in den Schriftsätzen vom 10.7.2009, 7.9.2009, 2.11.2009, 18.1.2010 und 11.2.2010 geben zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung.
1. Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von jeweils 288 EUR monatlich für September bis Dezember 2008 und auf jeweils 295 EUR monatlich ab Januar 2009 aus § 1601 BGB. Die Beträge entsprechen dem Mindestunterhalt bzw. liegen seit Januar 2010 sogar unter diesem.
a) Beide Kinder sind unterhaltsbedürftig. Dass sich auch noch der Kläger zu 1 in einer Schulausbildung befindet, wird durch die Bescheinigung des Berufskollegs für Gestaltung und Technik des Schulverbandes in der Städteregion Aachen vom 26.8.2009 belegt. T., der das Gymnasium im Juli 2009 nach der Klasse 10 mit der Fachoberschulreife verlassen hat, besucht nunmehr ein Berufskolleg mit dreijährigem Bildungsgang, d.h. bis voraussichtlich Juli 2012. Ziel der Ausbildung ist der Erwerb der Fachhochschulreife sowie ein zusätzlicher Berufsabschluss nach Landesrecht (staatlich geprüfter Informationstechnischer Assistent). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zu 1 entgegen seinen Angaben eine Ausbildungsvergütung erhält oder Leistungen der Arbeitsagentur oder Leistungen nach dem BAföG, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich; die Ausführungen des Beklagten in seinen Schriftsätzen vom 7.9.2009 und 2.11.2009 beschränken sich auf Mutmaßungen.
b) Der ggü. den minderjährigen Klägern gesteigert unterhaltspflichtige Beklagte ist für seine Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweispflichtig. Ausgehend von seinen eigenen Tatsachenangaben kann Leistungsunfähigkeit jedoch nicht festgestellt werden.
Der Beklagte hat bis Juni 2009 ein monatliches Nettoerwerbseinkommen von 1.268 EUR beim F. und von Juli bis Dezember 2009 von 1.462,67 EUR beim K. e.V. erzielt.
Berufsbedingte Fahrtkosten kann er in Höhe der bei zumutbarer Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln anfallenden Kosten von allenfalls rund 137 EUR im Monat geltend machen (beim F. wurde er in I., U., S., V., X, C., D. und J. eingesetzt, bei den K. in B., H., L., M., Y., N. und Z.; eine Monatskarte des AVV in der Preisgruppe 4/gesamtes AVV-Gebiet kostet 136,40 EUR, im ABO-Bezug sogar nur 113,67 EUR). Es verbleibt mithin ein bereinigtes Erwerbseinkommen von 1.131 EUR bis Juni 2009 und von 1.326 EUR für Juli bis Dezember 2009.
Seit Januar 2010 erzielt der Beklagte unter Zugrundelegung der von ihm vorgelegten Unterlagen ein Nettoerwerbseinkommen von rund 1.297 EUR im Monat. Die Gehaltsabrechnung für Januar 2010 weist einen Nettobetrag von rund 1.200 EUR aus, allerdings nicht für den gesamten Monat, sondern nur für den Zeitraum 04. bis 31.1.2010. Werden die in 28 Tagen geleisteten 188 Arbeitsstunden auf 30,5 Tage bzw. 205 Arbeitsstunden im Monat hochgerechnet (entsprechend einer Arbeitszeit von knapp 48 Stunden in der Woche; die Dienstzeit des Beklagten beträgt nach dem Arbeitsvertrag täglich mindestens 8 Stunden; darüber hinaus ist der Beklagte verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenze Mehrarbeit zu leisten sowie Rufbereitschaften zu übernehmen), ergibt sich ein Nettoeinkommen von 1.296,83 EUR.
Der Arbeitsvertrag ist nach den vorgelegten Unterlagen nicht zeitlich befristet. Der Beklagte wird in Aachen beschäftigt. Bei der gebotenen Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel kann der Beklagte nunmehr berufsbedingte Kosten für die Fahrten zwischen seiner Wohnung in V. und dem Arbeit...