Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenstandsrecht, Berichtigung eines Geburtseintrags nach Schreibfehler der Eltern in der Geburtsanzeige
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vornamensgebung wird nicht durch Anzeige ggü. dem Standesbeamten ausgeübt, sondern durch formlose Einigung der Eltern auf einen Vornamen.
2. Ein Schreibfehler der Eltern bei der Anmeldung der Geburt (Maria statt Marija) kann die Unrichtigkeit des Geburtenregisters begründen.
3. Die Berichtigung des Geburtenregisters in diesen Fällen setzt voraus, dass zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Eintragung von Anfang an unrichtig gewesen ist.
4. Der Berichtigung eines unrichtig eingetragenen Vornamens im Geburtenregister steht nicht entgegen, dass die Eltern die beurkundete Namensgebung über einen längeren Zeitraum unbeanstandet hingenommen haben (entgegen AG Lübeck, StAZ 2007, 179). Das Personenstandsgesetz enthält keine derartige Ausschlussfrist, vielmehr gilt nach § 5 Abs. 5 Nr. 2 PStG eine Frist von 110 Jahren.
Normenkette
PStG §§ 5, 47-48
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 30.11.2009; Aktenzeichen 43 III 69/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des AG Bonn vom 30.11.2009 - 43 III 69/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Eintragung im Geburtenregister Nr. XXX/YYY des Standesamtes Z. durch Folgebeurkundung dahin zu berichtigen ist, dass der Vorname des Kindes "Lena-Marija" lautet.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) beantragen die gerichtliche Berichtigung des Geburtseintrages ihrer am 24.6.2001 geborenen Tochter, der Beteiligten zu 2). Im Geburtenregister ist der Vorname der Tochter, entsprechend der vom Vater ausgefüllten Anzeige der Geburt, mit der Schreibweise "Lena-Maria" eingetragen. Die Beteiligten zu 1) beantragen, die Schreibweise in "Lena-Marija" zu berichtigen. Ihnen sei bei Abwicklung der Formalitäten ein Fehler dahin unterlaufen, dass sie nicht die von ihnen gewünschte Schreibweise des Vornamens ihrer Tochter angegeben hätten. Ihre Absicht habe bereits bei der Geburt darin bestanden, den Namen in der Schreibweise "Marija" zu verwenden, was in der Familie mit kroatischen Wurzeln eine lange Tradition gehabt habe. Der Name werde in der Familie und auch von der Tochter stets in der Schreibweise "Marija" verwendet.
Das AG hat dem Antrag stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) als Standesamtsaufsicht, welche die Auffassung vertritt, dass eine Unrichtigkeit der Beurkundung nicht vorliege. Die Schreibweise im Geburtenregister entspreche der von den Eltern angegebenen Schreibweise. Die Eltern hätten seinerzeit die Möglichkeit gehabt, die jetzt von ihnen gewünschte Schreibweise anzugeben. Ein Irrtum der Eltern sei nicht glaubhaft. Mit Eintragung ins Geburtenregister sei die Wahl des Vornamens abgeschlossen und unabänderlich. Eine nachträgliche Anpassung sei allenfalls über eine öffentlich-rechtliche Namensänderung möglich.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach §§ 47, 48 PStG kann eine Unrichtigkeit des Geburtenregisters berichtigt werden, wenn zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die beanstandete Eintragung von Anfang an unrichtig gewesen ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
1. Eine der Berichtigung fähige Unrichtigkeit des Geburtenregisters kann auch darin liegen, dass die Eltern bei der Anmeldung der Geburt den Namen des Kindes unrichtig angeben. Maßgeblich ist nicht der bei der Anmeldung angegebene Namen, sondern der Name, den die Eltern dem Kind tatsächlich gegeben haben. Das ist für offensichtliche Schreibfehler ("Wihlem" statt "Wilhelm") nicht zweifelhaft, gilt aber grundsätzlich auch in der vorliegenden Konstellation, in der für den Namen beide Schreibweisen möglich sind.
Entscheidend ist, welchen Namen die Eltern dem Kind gegeben haben. Die Wahl und Erteilung des Vornamens steht grundsätzlich den Eltern gemeinschaftlich zu. Sie gehört zum Kreis der aus dem Personensorgerecht für das Kind folgenden Rechte und Pflichten der Eltern (BVerfG StAZ 2006, 50, 51; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., § 54 Rz. 36). Die Vornamensgebung wird nicht durch Anzeige ggü. dem Standesbeamten ausgeübt, sondern durch die formlose Einigung der Eltern auf einen Vornamen. Die Anzeige des Namens an den Standesbeamten stellt keine rechtsgestaltende Willenserklärung dar, ihr kommt vielmehr, ebenso wie der Eintragung im Geburtenregister, lediglich deklaratorische Bedeutung zu (Staudinger/Coester, BGB, Neubearbeitung 2007, § 1616 Rz. 23; v. Sachsen Gessaphe in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., Nach § 1618 Rz. 5; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., § 54 Rz. 40-44). Daher kann der Geburtseintrag auch dann unrichtig sein, wenn die Anmeldung der Eltern nicht deren wahrem Willen entspricht (v. Sachsen Gessaphe in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., Nach § 1618 Rz. 8). In diesem Zusammenhang kommt daher grundsätzlich auch die Berichtigung von Unrichtigkeiten in Betracht, die ihre Ursache in einem Schreibfehler der Elte...