Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelungsbedürfnis zum Aufenthaltsbestimmungsrecht bei Zerstrittenheit der Kindeseltern
Leitsatz (amtlich)
Eine vorläufige Sorgerechtsregelung im einstweiligen Anordnungsverfahren wird erforderlich, wenn die im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotene summarische Prüfung ergibt, dass derzeit eine vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder auf die Kindesmutter dem Kindeswohl am besten (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB) entspricht und im Hinblick auf die Zerstrittenheit der Eltern eine einvernehmliche Regelung zum Aufenthalt der Kinder nicht möglich ist.
Ein Regelungsbedürfnis ist zu bejahen, wenn das vorübergehend von den Eltern praktizierte Wechselmodell innerhalb des Familienheims die Kinder sehr belastet, weil die Kindeseltern untereinander völlig unangemessenen miteinander umgehen und sich ihr Streit, den die Kinder mangels hinreichender räumlicher Trennung regelmäßig mitbekommen im Laufe des Verfahrens verschärft zu haben scheint. So sind die unter Einbeziehung von Dritten, wie Lehrern und Polizei, ausgetragenen Streitigkeiten der Kindeseltern unmittelbar als das Kindeswohl beeinträchtigend anzusehen. Eine vorläufige Festlegung der Obhutsverhältnisse kann auch im Hinblick auf die bisher ungeklärte Frage der Barunterhaltspflicht für die Kinder erforderlich werden.
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 14.02.2012; Aktenzeichen 408 F 199/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG Bonn vom 14.2.2012 - 408 F 199/11 - wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussbeschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des AG Bonn vom 14.2.2012 - 408 F 199/11 - teilweise dahingehend abgeändert, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder N., geboren am x. x. 2001, L., geboren am xx. x. 2004 und M., geboren am xx. x. 2008 im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig auf die Kindesmutter übertragen wird.
Die vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter wird befristet bis zu einer Entscheidung in dem vor dem AG Bonn anhängigen Hauptsacheverfahren zum Sorgerecht 408 F 206/11, längstens bis zum 31.8.2012.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kindesvater auferlegt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG Bonn vom 14.2.2012, in dem das AG die wechselseitigen Anträge der Kindeseltern auf vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ihre gemeinsamen Kinder zurückgewiesen hat, hat in der Sache keinen Erfolg. Auf die Anschlussbeschwerde der Kindesmutter war ihr vorläufig und zeitlich befristet das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder bis zu einer Entscheidung in dem vor dem AG Bonn anhängigen Hauptsacheverfahren zum Sorgerecht 408 F 206/11, längstens bis zum 31.8.2012 zu übertragen.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht ist aus Gründen des Kindeswohls erforderlich. Die Eltern streiten heftig um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre drei gemeinsamen Kinder. Alle Einigungsversuche in der Vergangenheit scheiterten. Wie die Anhörung der beiden älteren Kinder durch den zuständigen Familienrichter am 14.2.2012 zeigte, belastet das vorübergehend von den Eltern praktizierte Wechselmodell innerhalb des Familienheims die Kinder sehr. Den völlig unangemessenen Umgang der Kindeseltern untereinander, der sich im Laufe des Verfahrens verschärft zu haben scheint und den die Kinder mangels hinreichender räumlicher Trennung regelmäßig mitbekommen haben, empfinden die Kinder als äußerst belastend.
Zur Abwendung einer drohenden Kindeswohlgefährdung bedarf es dringend einer Auflösung der verfahrenen Situation. Da beide beteiligten Eltern heftig um das Recht streiten, über den Aufenthalt der Kinder bestimmen zu dürfen, bedarf es einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht. Wie der vorgelegte Schriftverkehr zur geplanten Klassenfahrt von N. zeigt, ist aufgrund der Streitigkeiten der Eltern auch für die Übergangszeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine klare gerichtliche Regelung erforderlich. Es versteht sich von selbst, dass die unter Einbeziehung von Dritten, wie Lehrern und Polizei, ausgetragenen Streitigkeiten der Kindeseltern - wie hier zur Teilnahme von N. an der Klassenfahrt - unmittelbar das Kindeswohl beeinträchtigen. Eine vorläufige Festlegung der Obhutsverhältnisse ist auch im Hinblick auf die bisher ungeklärte Frage der Barunterhaltspflicht für die Kinder erforderlich.
Nach der gebotenen summarischen Prüfung im einstweiligen Anordnungsverfahren entspricht derzeit eine vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für N., L. und M. auf die Kindesmutter dem Kindeswohl am besten (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Eine vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter entspricht dem Grundsatz der Kontinuität und ist am ehesten geeignet, die Kinder während der schwierigen Phase der Begutachtung zur Ruhe kommen zu lassen. Nach der Rollenverteilung während des ehelichen Zusam...