Leitsatz (amtlich)
Wird in einem selbständigen Beweisverfahren der gerichtlich angeordnete Auslagenvorschuss für ein beantragtes Ergänzungsgutachten nicht fristgemäß einbezahlt, so kann der Beweisantrag unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden. Die danach berechtigte Zurückweisung begründet die Feststellung, dass das selbständige Beweiserfahren beendet ist.
Normenkette
ZPO § § 485 ff., §§ 492, 296 Abs. 2, § 379
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 10.05.2010; Aktenzeichen 4 OH 26/09) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 28.5.2010 gegen den Beschluss des LG Köln vom 10.5.2010 (4 OH 26/09) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das LG festgestellt, dass das Beweisverfahren beendet ist, weil die Antragsgegnerin den ihr für die Einholung der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen auferlegten Vorschuss nicht innerhalb der ihr gesetzten Ausschlussfrist nach § 379 ZPO einbezahlt hat. Ob die nichtfristgemäße Zahlung des Vorschusses in jedem Fall die Beendigung des Beweisverfahrens zur Folge hat (in diese Richtung Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 2. Teil Rz. 124), ist zwar zweifelhaft. Zweifelhaft erscheint ebenso, ob eine Entschuldigung der Fristversäumung - wovon das LG ausgeht - den für die Versäumung einer Notfrist geltenden Regeln der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO unterfällt; denn die Frist des § 379 ZPO ist keine Notfrist i.S.v. § 224 Abs. 1 Satz 2 ZPO (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, § 224 Rz. 3). Das OLG Koblenz hat die Auffassung vertreten, dass das Unterbleiben der Vorschusszahlung für ein Ergänzungsgutachten im selbständigen Beweisverfahren nicht die konstitutive Entscheidung des Gerichts rechtfertige, das Verfahren sei wegen Fristversäumung beendet; allerdings könne in derartigen Fällen der Antrag auf ergänzende Beweiserhebung unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden (Beschl. v. 6.2.2004 - 5 W 82/04, BeckRS 2004, 01565 = IBR 2004, 231 mit Anm. Ulrich = ZfBauR 2004, 374, dort nur Leitsatz).
Diese Fragen bedürfen in vorliegendem Fall keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO kann der Antrag auf Einholung eines ergänzendes Gutachtens zurückgewiesen werden, was nach Ansicht des Senats dann zugleich die Feststellung begründet, dass das Beweisverfahren beendet ist. Für das Hauptverfahren ist anerkannt, dass bei Versäumung der Ausschlussfrist des § 379 ZPO die Zurückweisung des Beweismittels nach § 296 Abs. 2 ZPO möglich ist (BGH NJW 1980, 343, 344; NJW 1982, 2559, 2560; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 379 Rz. 7). Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift ist im Interesse der zügigen Verfahrensabwicklung auch im selbständigen Beweisverfahren angezeigt (zur Anwendbarkeit des § 296 ZPO innerhalb des Beweisverfahrens auch Ulrich in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., § 492 Rz. 2 a.E.). Die Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO sind erfüllt. Das hat das LG in der Nichtabhilfeentscheidung vom 10.5.2010 im Einzelnen ausgeführt. Diese Ausführungen beziehen sich zwar auf die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie gelten aber in gleicher Weise für § 296 Abs. 2 ZPO. Das vom LG aufgezeigte Versäumnis der Antragsgegnerin beruht auf grober Nachlässigkeit im Sinne dieser Vorschrift. Das Gegenteil hat die Antragsgegnerin, die hierfür darlegungspflichtig ist (BGH NJW 1982, 2559, 2561), jedenfalls nicht glaubhaft dargetan. Die Einholung der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen würde auch - wie das LG ebenfalls dargetan hat - zu einer Verzögerung des Verfahrens führen. Hätte die Antragsgegnerin den Vorschuss innerhalb der ihr gesetzten Frist einbezahlt, so hätte das LG den Sachverständigen zu einem früheren Zeitpunkt mit der Erstattung der ergänzenden Stellungnahme beauftragen können als dies nach der Fristversäumung möglich gewesen wäre (zum Verzögerungsmaßstab näher Zöller/Greger § 296 Rz. 20 ff.). Die Zurückweisung des Antrags erscheint unter diesen Voraussetzungen auch nicht ermessensfehlerhaft, zumal der Antragsgegnerin nach der im ersten Beschluss vom 18.3.2010 gesetzten dreiwöchigen Frist durch Beschluss vom 24.3.2010 nochmals eine Frist von einer Woche gewährt worden ist, die sie nicht genutzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Beschwerdewert: 8.000 EUR
Fundstellen