Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 42 O 193/95) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluß der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 28.04.1999 – 42 O 193/95 – abgeändert.
Die Schuldnerin wird wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot in Ziffer I. des in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 6 W 88/95 Oberlandesgericht Köln ergangenen Beschlusses des Senats vom 29.09.1995 zu einem Ordnungsgeld von
10.000,00 DM,
ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 2.000,00 DM zu einem Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer P.B. der Komplementär-GmbH der Schuldnerin, verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden der Schuldnerin auferlegt.
Gründe
Die gemäß §§ 793, 890, 891 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Gläubigers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Denn das Landgericht hat den Antrag des Gläubigers auf Festsetzung eines gegen die Schuldnerin gerichteten Ordnungsgeldes zu Unrecht zurückgewiesen.
Die erneute Werbung der Schuldnerin vom 01.12.1998 aus der Zeitschrift „Ratgeber aus der Apotheke”, die dem Gläubiger Anlaß gegeben hat, den Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes vom 20.01.1999 zu stellen, stellt einen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot in dem Beschluß (einstweilige Verfügung) des Senats vom 29.09.1995 dar. Die Schuldnerin hat zwar die beanstandete Werbung nicht identisch wiederholt. Das ist aber unschädlich. Denn nicht nur die identische Wiederholung einer verbotenen Handlung stellt einen Verstoß gegen ein gerichtliches Unterlassungsgebot dar, sondern auch diejenige Handlung, die trotz ihrer Abweichung in denKernbereich der verbotenen Verletzungshandlung fällt (zur sog. Kerntheorie vgl. Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage 1998, Einl. UWG Rdnr. 485 sowie Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage 1997, Kapitel 57 Rdnr. 12 ff., jeweils m.w.N.).
Kern der der Schuldnerin mit dem Unterlassungsgebot des Senats untersagten Werbeform und damit Gegenstand der Prüfung des Erkenntnisverfahrens, das zu dem Unterlassungsgebot geführt hat, war das Verbot, die Produkte Goldnerz-Harnstoffcreme 1% gelb und Goldnerz-Bufexamaccreme 1% weiß gegenüber Endverbrauchern zu bewerben, ohne die erforderlichen Pflichtangaben gemäß § 4 Abs. 1 des Heilmittelwerbegesetzes zu machen. Darüber hinaus war die ursprüngliche Werbung der Schuldnerin von dem Gläubiger mit der Begründung angegriffen worden, die Präparate würden unter Hinweis auf die Krankheiten „Psoriasis” und „Ichthyosis” beworben, obwohl sie dafür nicht indiziert seien. Der Senat ist dieser Begründung gefolgt und hat die Werbung dem Sachvortrag und dem Antrag des Gläubigers entsprechend auch aus diesem Grunde verboten.
Die den Gegenstand des Ordnungsmittelantrages bildende Anzeige der Schuldnerin vom 01.12.1998 stellt eine Zuwiderhandlung gegen dieses Unterlassungsgebot dar. Es werden wiederum die Goldnerz-Harnstoffcreme gelb und die Goldnerz-Bufexamaccreme weiß ohne Wiedergabe der Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 HWG beworben. Daß im Gegensatz zu der ursprünglichen Werbung nunmehr die Angabe der Wirkstoffkonzentration „1%” fehlt, ändert nach dem Vorgesagten selbstredend nichts daran, daß die Schuldnerin durch ihre Werbung exakt dasjenige wiederholt hat, das zu tun ihr durch gerichtliche Untersagungsverfügung verboten worden war, nämlich für ihre Präparate Goldnerz-Harnstoffcreme gelb und Goldnerz-Bufexamaccreme weiß ohne die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 HWG zu werben. Darüber hinaus behauptet die Schuldnerin wiederum – das folgt aus dem Gesamteindruck, den die Anzeige vermittelt –, ihre Goldnerz-Harnstoffcreme gelb und ihre Goldnerz-Bufexamaccreme weiß könnten unter anderem Ichthyosis und Psoriasis selbst dann heilen, wenn die Krankheit über Jahrzehnte habe ertragen werden müssen. Damit wirbt die Schuldnerin wiederum in nahezu identischer Form mit einem Hinweis auf die für ihre Produkte nicht indizierten Krankheiten „Ichthyosis” und „Psoriasis”.
Hätte die Schuldnerin auch ohne weiteres erkennen können, daß sie durch ihre Werbeanzeige vom 01.12.1998 den Kernbereich des ihr durch das Unterlassungsgebot des Senats Verbotenen nicht verließ, hält der Senat der Höhe nach ein Ordnungsgeld von 10.000,00 DM für angemessen, um den hiernach gegebenen zumindest fahrlässigen und damit schuldhaften Verstoß der Schuldnerin gegen das Unterlassungsgebot in der einstweiligen Verfügung des Senats vom 29.09.1995 angemessen zu ahnden. Dabei hat der Senat namentlich den Umständen Rechnung getragen, daß zwischen der Verbotsverfügung und der Werbeanzeige vom 01.12.1998 mehr als 3 Jahre liegen, die Schuldnerin sich also über einen gewissen Zeitraum an das gerichtliche Verbot gehalten hat, und daß es sich um einen ersten und überdies nicht vorsätzlich, sondern lediglich fahrlässig begangenen Verstoß handelt. Es erscheint dem Senat daher die Verhängung eines Ordnungsgeldes von 10.000,00 DM ausreichend, aber auch notwendig, um die Schuldnerin von ...