Leitsatz (amtlich)
Legt gegen ein freisprechendes Urteil allein der Nebenkläger Berufung ein, kann bei Ausbleiben des Angeklagten in der Berufungsverhandlung gem. § 329 Abs. 4 StPO seine Vorführung angeordnet werden. Die Verfahrensrechte des § 329 Abs. 2 und 4 StPO werden über die Vorschrift des § 401 StPO in gleicher Weise durch ein zulässig eingelegtes Rechtsmittel des Nebenklägers eröffnet.
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe
I.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat den Sachstand in ihrer Antragsschrift wie folgt zusammengefasst:
"Der Beschwerdeführer ist mit Urteil des Amtsgerichts S. vom 15.05.2012 entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung von dem Vorwurf der schweren Körperverletzung freigesprochen worden. Nach den Urteilsgründen konnte nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer den Nebenkläger aus Notwehr mit der Faust derart ins Gesicht geschlagen hatte, dass die Brille zerbrach und sich ein Splitter so tief in das linke Auge bohrte, dass dieser das Augenlicht auf dem verletzten Auge verlor.
Gegen dieses Urteil hat der Nebenkläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16.05.2012, bei Gericht spätestens am 18.05.2012 eingegangen Berufung eingelegt, ohne diese weiter zu begründen.
Das Landgericht B. hat daraufhin mit Verfügung vom 08.08.2012 Termin zur Hauptverhandlung am 24.10.2012 bestimmt und die Ladung des Angeklagten veranlasst, die diesem am 15.08.2012 zugestellt worden ist .
In dem Hauptverhandlungstermin am 24.10.2012 ist der Angeklagte unentschuldigt nicht erschienen. In dem Termin hat der Nebenklagevertreter beantragt, den unentschuldigt nicht erschienen Angeklagten in ein Ordnungsmittel zu nehmen. Nachdem die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, hat sich die Staatsanwaltschaft dem Antrag angeschlossen.
Mit Schriftsatz vom 24.10.2012 hat der Verteidiger vorgetragen, Maßnahmen nach § 329 StPO fänden in vorliegendem Fall keine Anwendung, da § 329 StPO nach dem Wortlaut nicht bei Berufungen der Nebenklage gelte. Die Staatanwaltschaft habe dem Antrag auf Verhängung von Ordnungsmitteln auch nicht beitreten dürfen, da aufgrund der Unabhängigkeit der Nebenklage von der Staatsanwaltschaft, diese nicht die Durchführung des allein von der Nebenklage betriebenen Rechtsmittels sichern, sondern lediglich Stellung nehmen könne. § 51 StPO sei nicht analog anwendbar, da der freigesprochene Angeklagte nicht Zeuge gegen sich selbst sein könne. Auch die §§ 177 f. GVG seien nicht einschlägig. Die geäußerte Ansicht der Staatsanwaltschaft, bei Uneinbringlichkeit der Ordnungsgelder, die Anwesenheit im Wege der Ordnungshaft zu erzwingen, gehe aus den dargelegten Gründen fehl. Dies widerspräche auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Mit Verfügung vom 25.10.2012 hat das Landgericht Termin zur Hauptverhandlung am 17.12.2012 bestimmt und mit Verfügung vom selben Tag die Vorführung des Angeklagten zu dem Termin angeordnet. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Vorführung sei analog § 329 Abs. 4 StPO anzuordnen, da ein Angeklagter auch bei Berufung des Nebenklägers nicht sanktionslos unentschuldigt der Hauptverhandlung fernbleiben könne. Andernfalls liefen die in der StPO verankerten Rechte des Nebenklägers faktisch leer.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.10.2012 hat der Beschwerdeführer gegen den Vorführungsbefehl Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dem Vorführungsbefehl fehle die gesetzliche Grundlage. Nach dem Wortlaut gelte § 329 Abs. 4 StPO nur bei der Berufung der Staatsanwaltschaft, da der Angeklagte den weiteren Ablauf nicht in der Hand haben solle. Ob § 329 StPO bei Berufungen der Nebenklage gelte, sei strittig und durch die Rechtsprechung nicht geklärt. Eine teilweise vertretene analoge Anwendung käme nur bei einer planwidrigen Gesetzeslücke in Betracht. Es habe in der Vergangenheit mehrere Reformen der §§ 329, 400, 401 StPO gegeben, ohne dass der Gesetzgeber das Erfordernis einer entsprechenden Regelung gesehen habe, so dass davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber gerade keinen Ergänzungsbedarf gesehen habe. § 329 StPO gestatte auch keine Übertragung der Befugnisse der Staatsanwaltschaft auf die Nebenklage, der nicht die Amtsstellung der Staatsanwaltschaft zukäme. Bei einer analogen Anwendung sei weiter zu berücksichtigen, dass auch ohne den Angeklagten verhandelt werden könne. Selbst bei der Berufung der Staatsanwaltschaft dürfe das Erscheinen des Angeklagten nur bei zwingenden Gründen erzwungen werden, so dass dies erst Recht bei dem Rechtsmittel des Nebenklägers gelten müsse. Weiterhin hat er wiederholt, dass die Staatsanwaltschaft aus den bereits genannten Gründen nicht dem Antrag der Nebenklage hätte beitreten können. Die Nebenklage habe auch im Hinblick auf Rechtsmittel nur eingeschränkte Befugnisse, so dass es kein überzeugendes Argument sei, dass die Rechte der Nebenklage faktisch leerliefen, wenn das Erscheinen des Angeklagten nicht erzwungen werden könne. Der Nebenkläge...