Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Versorgungsausgleichs - Voraussetzungen der Härtefallregelung nach § 27 VersAusglG
Leitsatz (amtlich)
Nach § 27 VersAusglG findet der Versorgungsausgleich nur dann ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig ist. Im Rahmen der Prüfung der Unbilligkeit sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu prüfen und abzuwägen, ob diese im konkreten Einzelfall es rechtfertigen, von der grundsätzlichen Halbteilung abzuweichen. Danach ist eine Korrektur nur vorzunehmen, wenn die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zu krass ungerechten Ergebnissen führen würde.
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs ist der Regelfall und ein - wenn auch nur teilweiser - Ausschluss des Ausgleichs die krasse Ausnahme. Daher kann nicht jede Härte einen solchen Ausnahmefall darstellen. Denn fast jeder Versorgungsausgleich stellt für den Ausgleichspflichtigen eine wirtschaftliche Benachteiligung dar.
Vom Regelungsgehalt entspricht der § 27 VersAusglG demjenigen des alten Rechtszustandes. Danach ist der Versorgungsausgleich dann unbillig, wenn seine rein schematische Durchführung unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles den Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, eine dauerhafte gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde (so BGH FamRZ 2005, 1238; Beschl. v. 25.5.2005 - XII ZB 135/02).
Im Rahmen der Härtefallprüfung sind zunächst die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien zu berücksichtigen. Maßgebend ist dabei die konkrete Versorgungslage der Eheleute zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich. Dabei kommt es nicht ausschließlich auf die beiderseitigen Ehezeitanteile an, vielmehr ist die gesamte erworbene Altersversorgung im Zeitpunkt der Scheidung zu berücksichtigen.
Im Übrigen kann zu den Härtefällen auch weiterhin auf die Fallgruppen zurückgegriffen werden, die hierzu nach altem Recht entwickelt worden sind.
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleiches bzw. dessen Herabsetzung kann grds. nicht daraus hergeleitet werden, dass die Ausgleichsberechtigte während der Ehe im Wesentlichen die Rolle der Hausfrau übernommen hatte, worüber die Eheleute aber nach Vortrag des Ausgleichspflichtigen uneinig gewesen sein sollen, wenn diese Rollenverteilung über lange Zeit praktiziert worden ist - hier mehr als 27 Jahre -, ohne dass erkennbarer Widerstand hiergegen geleistet worden wäre. Neben anderen Gesichtspunkten spielt dabei auch eine Rolle, dass im Rahmen der praktizierten Ehe der Erwerbstätigkeit des Ausgleichspflichtigen die Tätigkeit der Ausgleichsberechtigten als Hausfrau gleichwertig gegenüber stand. Im Rahmen der Aufgabenverteilung haben somit die Beteiligten die Rollen faktisch so verteilt, dass der Ehemann durch seine Erwerbstätigkeit die wirtschaftlichen Grundlagen der Ehegemeinschaft sichern sollte, während die Ehefrau zum Familienunterhalt im Wesentlichen durch die Haushaltsführung beitrug. Gerade auch für diese Rollenverteilung ist der Versorgungsausgleich entwickelt worden. Sie stellt einen der Normalfälle praktizierter Ehe dar.
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 13.07.2011; Aktenzeichen 49 F 304/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bonn betreffend die Entscheidung zum Versorgungsausgleich vom 13.7.2011 - 49 F 304/07 - wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 117 Nr. 7, 58, 59, 219, 61, 63, 64 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des Antragstellers zum Versorgungsausgleich hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht den Versorgungsaugleich durchgeführt, da die Voraussetzungen des § 27 VersAusglG nicht vorliegen.
Nach § 27 VersAusglG findet der Versorgungsausgleich nur dann ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig ist. Im Rahmen der Prüfung der Unbilligkeit sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu prüfen und abzuwägen, ob diese im konkreten Einzelfall es rechtfertigen, von der grundsätzlichen Halbteilung abzuweichen. Danach ist eine Korrektur nur vorzunehmen, wenn die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zu krass ungerechten Ergebnissen führen würde. Es sollen Grundrechtsverletzungen in solchen Fällen vermieden werden, in denen ein Ausgleich sämtlicher oder einzelner Anrechte den Parteien im Einzelfall mit der bisherigen oder fortwirkenden Lebensgemeinschaft der Eheleute nicht zu rechtfertigen ist. Schon hieraus wird deutlich, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs der Regelfall und ein - wenn auch nur teilweiser - Ausschluss des Ausgleichs die krasse Ausnahme ist. Daher kann nicht jede Härte einen solchen Ausnahmefall darstellen. Denn fast jeder Versorgungsausgleich stellt für den Ausgleichspflichtigen eine wirtschaftliche Benachteiligung dar. Das allein kann demnach nicht einen Ausschluss unter Billigkeitsgesichtspunkten rechtfertig...