Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie der darin entstandenen notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Die 6. große Strafkammer des Landgerichts Köln verhandelt in dem Verfahren 106 KLs 3/15 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs u.a. gegen den Arzt Dr. H. Die Beschwerdeführerin ist in der von dem Angeklagten mit Dr. T2 in L betriebenen Gemeinschaftspraxis als Arzthelferin tätig. Der Verteidiger des Mitangeklagten B stellte in der Hauptverhandlung vom 24.06.2016 einen Beweisantrag auf Vernehmung der Beschwerdeführerin sowie weiterer Arzthelferinnen der vorbezeichneten Praxis zu der Tatsache, dass sich die Angeklagten Dr. H und B ausschließlich gesiezt hätten. Der Vorsitzende wies den Angeklagten B trotz des Umstandes, dass dieser im Rahmen seiner Einlassung angegeben hatte, dass er Patient in der vorgenannten Arztpraxis gewesen und diese Praxis deshalb über Jahre immer wieder aufgesucht habe, darauf hin, dass die Vernehmung der Beschwerdeführerin sowie der übrigen Arzthelferinnen mit Blick auf § 53a StPO ohne Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht seitens des Angeklagten B problematisch sein dürfte. Ausweislich des Protokollentwurfs vom 24.06.2016 möge der Angeklagte B überlegen, die Ärzte vorsorglich von ihrer Schweigepflicht zumindest insoweit zu entbinden, dass den Beweisanträgen nachgegangen werden könnte. Zum Inhalt der Entbindung gehöre hierzu zumindest der Umstand, dass der Angeklagte die Arztpraxis des Dr. H als Patient wiederholt aufgesucht und dort entsprechend Kontakt zu Dr. H gehabt habe. In der Folge hat der Angeklagte B nach Rücksprache mit seinen Verteidigern eine Entbindung der Ärzte Dr. H und Dr. T2 von der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht in dem vom Vorsitzenden dargelegten Umfang erklärt.

In der Hauptverhandlung vom 09.11.2016 wurde die im Beistand von Rechtsanwältin Dr. T erschienene Beschwerdeführerin als Zeugin vernommen. Im Rahmen der Belehrung wies der Vorsitzende die Beschwerdeführerin u.a. auch darauf hin, dass sie als Berufshelferin grundsätzlich ein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich solcher Fragen habe, welche die Heilbehandlung von individualisierbaren Patienten, zu denen gegebenenfalls auch Mitangeklagte gehören könnten, beträfen. Zugleich wurde die Beschwerdeführerin über die partielle Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Angeklagten B informiert. Im Rahmen der anschließenden Vernehmung stellte der Vorsitzende u.a. die Frage, ob es Situationen gegeben habe, in denen der Angeklagte B Krankenversicherungskarten anderer Personen, deren Namen nicht interessierten, in der Praxis dabei gehabt habe. Diese Frage wurde vom Zeugenbeistand sowie der Verteidigung der Angeklagten B und Dr. H beanstandet, da die Frage unter das Zeugnisverweigerungsrecht falle. Nachdem die Frage durch Beschluss der Kammer zugelassen worden war, wurde die Beschwerdeführerin über die Pflicht zur Beantwortung der Frage sowie den Folgen einer Verweigerung belehrt. Da die Beschwerdeführerin die Beantwortung der Frage auch weiterhin verweigerte, beantragte der Vertreter Staatsanwaltschaft im Rahmen der eröffneten Stellungnahmemöglichkeit die Verhängung eines Ordnungsgeldes i.H.v. 250 €. Im Hinblick auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin erneut erklärte, dass sie die Frage nicht beantworten werde, hat die Strafkammer gemäß Anl. 3 des Protokollentwurfs vom 09.11.2016 beschlossen, dass der Beschwerdeführerin die durch ihre Verweigerung des Zeugnisses verursachten Kosten auferlegt werden. Zudem wurde gegen sie ein Ordnungsgeld i.H.v. 250 €, ersatzweise je 50 € ein Tag Ordnungshaft verhängt.

Gegen den verkündeten Ordnungsgeldbeschluss hat die Beschwerdeführerin durch Schriftsatz ihres Zeugenbeistands vom 10.11.2016 Beschwerde eingelegt, welche sie mit Schriftsatz vom 21.11.2016 begründet hat. Die 6. große Strafkammer des Landgerichts Köln hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15.11.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Vorlageverfügung vom 18.11.2016 beantragt, die Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen, wobei sie ihren Antrag mit Verfügung vom 06.12.2016 ergänzend begründet hat.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache führt die Beschwerde zur Aufhebung des angefochtenen Ordnungsgeldbeschlusses.

Gemäß § 70 Abs. 1 S. 1 StPO sind einem Zeugen, der das Zeugnis ohne gesetzlichen Grund verweigert, die durch die Weigerung verursachten Kosten aufzuerlegen. Zugleich ist gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festzusetzten, § 70 Abs. 1 S. 2 StPO. Hiernach hat das Gericht die Anordnung des Ordnungsgeldes vorzunehmen, um ein ohne gesetzlichen Grund verweigertes Zeugnis zu erzwingen. Ohne gesetzlichen Grund verweigert der Zeuge die Aussage, wenn ihm kein Weiger...

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