Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich einer von einem in Köln gelegenen Haus herabfallende Schneelawine
Leitsatz (amtlich)
Trotz fehlender behördlicher Satzung oder Verordnung zur Ergreifung von Sicherungsmaßnahmen kann eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Gefahr von von einem Haus herabfallenden Schneelawinen bestehen.
Grundsätzlich ist es Aufgabe eines jeden Passanten selbst, sich und sein Eigentum durch Achtsamkeit vor den Gefahren vom Dach herabfallenden Schnees zu schützen. Nur bei besonderen Umständen trifft den Hauseigentümer eine besondere Sicherungspflicht. Hierfür reicht die allgemeine, von jedem Haus ausgehende Gefahr einer Schneelawine nicht aus. Es müssen besondere Umstände vorliegen, die diese allgemeine Gefahr erhöhen. Hierzu zählen die konkreten Witterungsverhältnisse, die Beschaffenheit des Gebäudes, Art und Dichte des Verkehrs, Ortsüblichkeit und die örtlichen Gepflogenheiten, zumutbare Absicherungsmöglichkeiten sowie andere örtliche Gegebenheiten.
Eine Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern nicht. In Köln ist die Anbringung solcher Schutzmaßnahmen auf dem Dach nicht üblich Darüber hinaus ist eine langfristige, aufwendige und teure Maßnahme wie die Anbringung von Schneefanggittern aufgrund eines einzelnen außergewöhnlich strengen Winters nicht zumutbar.
Vorliegend stellen die fehlenden Warnhinweise ebenfalls keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht dar. Eine Ortsüblichkeit hinsichtlich des Aufstellens von Schneelawinenwarnschildern ist nicht ersichtlich und Entsprechendes hat der Kläger auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die Aufbürdung einer Warnpflicht hinsichtlich des Abgehens von Dachlawinen im sonst schneearmen Köln könnte allenfalls dann erfolgen, wenn über die aufgrund der besonderen Winterverhältnisse für alle bestehende Ausnahmesituation im Winter 2010/2011 konkrete besondere Umstände speziell beim Beklagten bzw. mit Blick auf dessen Haus vorgelegen hätten, die die Gefahr eines Lawinenniedergangs über die sonst in Köln bestehende Dachlawinengefahr erhöhten. Solche besondere Umstände, die im Haus des Beklagten begründet liegen und ihm im Vergleich zu anderen Kölner Hauseigentümern in diesem Winter eine Verkehrssicherungspflicht auferlegt hätten, liegen indes nicht vor.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 27.09.2011; Aktenzeichen 18 O 108/11) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 27.9.2011 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Köln - 18 O 108/11 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz des an seinem Kraftfahrzeug durch eine von dem im Eigentum des Beklagten stehenden Haus herabfallende Schneelawine entstandenen Schadens i.H.v. 5.614,44 EUR, auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten i.H.v. 285,24 EUR und auf Freistellung von der Gutachterrechnung i.H.v. 644,90 EUR zu.
Zutreffend hat das LG bereits das Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht des Beklagten in Form der Anbringung von Schneefanggittern am Dach oder des Aufstellens von Warnschildern verneint und hinsichtlich einer möglichen Pflicht zur Aufstellung von Warnschildern zudem die Kausalität für den Schadenseintritt verneint. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Mit dem LG fehlt es jedenfalls an einer Pflichtverletzung des Beklagten.
Ein Anspruch aus § 836 BGB scheitert daran, dass auf einem Hausdach befindlicher Schnee keinen Gebäudeteil i.S.v. § 836 Abs. 1 BGB darstellt (Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 823 Rz. 198; OLG Hamm NJW-RR 1987, 412).
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz besteht mangels Schutzgesetzverletzung des Beklagten nicht. Es besteht keine gesetzliche oder polizeiliche Pflicht des Hauseigentümers, Sicherungsmaßnahmen gegen Schneelawinen zu ergreifen (LG Köln NJW-RR 1986, 1404 f.).
Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht besteht nicht. Weder die mangelnde Anbringung von Schneegittern noch die mangelnde Beseitigung möglichen Schnees...