Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit vorprozessual eingeholten Parteigutachtens bei der Kostenfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten für ein vorprozessual eingeholtes Privatgutachten sind ausnahmsweise auch dann als notwendige Parteikosten i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig, wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige dieses mit Zustimmung aller Parteien für sein Gutachten verwertet und benutzt und dadurch eigene Kosten in entsprechender Höhe erspart. In einem derartigen Fall ist eine Prozessbezogenheit des Privatgutachtens ausnahmsweise nicht erforderlich.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 06.08.2013; Aktenzeichen 27 O 520/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 30.8.2013 wird der Beschluss des Rechtspflegers der 27. Zivilkammer des LG Köln vom 6.8.2013 - 27 O 520/11 - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels folgendermaßen abgeändert:
Auf Grund des Urteils des LG Köln vom 9.10.2012 - 27 O 520/11 - sind von der Beklagten (insgesamt) 6.038,85 EUR - sechstausendachtunddreißig Euro und fünfundachtzig Cent - [also über die bereits titulierten 5.102,46 EUR weitere 936,39 EUR] nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.7.2011 an den Kläger zu erstatten; der Nachfestsetzungsbeschluss vom 25.11.2013 (über 24,96 EUR) ist von dieser Entscheidung nicht betroffen (bleibt aufrechterhalten).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdegegnerin zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 936,39 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger und seine Ehefrau erwarben eine Eigentumswohnung in L nebst zugehörenden Kellerräumen und 2 Tiefgaragenplätzen. Sie bemängelten die Neigung, Breite und den Einfahrtradius der Tiefgaragenzufahrt. Die Beklagte beauftragte die U GmbH mit einer Stellungnahme. Diese kam unter dem Datum 17.12.2006 (49 - 51 GA) zu dem Ergebnis, dass keine Mängel festzustellen seien. Der Kläger holte eine Stellungnahme der U2 GmbH ein, die mit Schreiben vom 19.1.2007 (48 - 49 GA) feststellte, dass der Einfahrtradius nicht ausreichend und die Rampenneigung zu steil sei.
Ende November 2007 erteilte der Kläger den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren S und E den Auftrag, zur "Beweissicherung" das örtliche Aufmaß der Rampe zu nehmen und einen entsprechenden Plan zu erstellen. Dafür bezahlte der Kläger gemäß Kostenrechnung vom 29.11.2007 (436 GA) einen Betrag i.H.v. 813,37 EUR. Nachdem die Beklagte Veränderungen vorgenommen hatte, wurde eine weitere Messung erforderlich, die der Kläger unter dem 21.12.2007 in Auftrag gab und gemäß Kostenrechnung vom 10.1.2008 (437 GA) mit einem Betrag von 649,74 EUR abgerechnet wurde.
Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.9.2008 (103 - 104 GA) unter Fristsetzung bis zum 31.10.2008 fruchtlos auf, die Mängel zu beseitigen. Anfang Januar 2009 leitete die Erwerbergemeinschaft ein selbständiges Beweisverfahren (27 OH 13/09) gegen die Beklagte ein, um die Mängel der Tiefgarageneinfahrt feststellen zu lassen. Der vom LG beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. L2 forderte Planunterlagen an. Der Kläger reichte u.a. das Ausmaß der von ihm beauftragten Vermessungsbüros vom 29.11. und 21.12.2007 ein (74/BA). Auf eine Anfrage, wann mit der Durchführung des Ortstermins gerechnet werden könne, teilte der Gutachter u.a. mit Schreiben vom 29.8.2009 (82/BA) mit:
"Hierzu darf ich auf das mit Anschreiben der RAe I pp. vom 16.6.2009 übersandte Aufmaß des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs E vom 29.11.2007/21.12.2007 (Plan) verweisen. Wenn dieses Aufmaß von den Parteien unstreitig gestellt werden kann, wird ein Ortstermin nicht notwendig, mit der Vorlage des Gutachtens ist dann ca. Ende Oktober 2009 zu rechnen. Andernfalls werde ich den Ortstermin nach meinem Jahresurlaub ansetzen, mit der Ladung wäre dann Anfang Oktober 2009 zu rechnen."
Während die Eigentümer das Aufmaß E unstreitig stellten (86/BA), äußerte sich die Beklagte innerhalb der vom LG gesetzten Frist nicht, so dass das LG dem Sachverständigen mitteilte, das Aufmaß sei als unstreitig anzusehen (85R/BA).
Der Sachverständige erstellte in der Folgezeit sein Gutachten vom 19.10.2009 (90 - 101/BA) unter Zugrundelegung der Messungen und des Aufmaßes des Büros E, da dieses nach den Ausführungen der Kammer "als unstreitig anzusehen" sei; ein eigenes Aufmaß sei dadurch nicht notwendig geworden (92/BA). Auch in seinem Ergänzungsgutachten vom 17.2.2010 (126 - 146/BA) bezog er sich darauf.
Das LG Köln - 27 O 520/11 - hat der Ende 2011 eingegangenen und Ende Januar 2012 zugestellten Klage auf Feststellung des geschuldeten Restkaufpreises und Zahlung von Minderungsbeträgen an die übrigen Miteigentümer überwiegend stattgegeben und die Kosten des Rechtstreits dem Kläger zu 36 % und der Beklagten zu 64 % auferlegt. Die Beklagte hat die von ihr eingelegte Berufung nach einem entsprechenden Hinweisbeschluss des zuständigen Zivilsenates vom 18.4.2013 (...