Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwiegerelterndarlehen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Darlehen, das Schwiegereltern mit Rücksicht auf die Ehe mit dem eigenen Kind gewährt haben, kann hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten eine ergänzende Vertragsauslegung geboten sein. Es ist danach unter Berücksichtigung des im Vertrag bereits zum Ausdruck gekommenen Parteiwillens und des Vertragszwecks zu ermitteln, was die Parteien als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den ungeregelt gebliebenen, aber tatsächlich eingetretenen Fall der Trennung der Eheleute ebenfalls mitgeregelt und hierbei die Gebote von Treu und Glauben berücksichtigt hätten. Zur Ergänzung der Vertragslücke kommt es danach wesentlich darauf an, ob es dem Darlehensnehmer bei gehöriger Anspannung seiner Kräfte mit zumutbaren Mitteln möglich wäre, das Darlehen nunmehr zurückzuführen.

 

Normenkette

BGB §§ 488, 516

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 25.09.2015; Aktenzeichen 15 O 51/15)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Bonn vom 25.9.2015 - 15 O 51/15 - durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

1. Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Das angefochtene Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine Abänderung der Entscheidung nicht. Sie gibt lediglich zu folgenden Hinweisen Anlass:

Zu Recht hat das LG das Rechtsverhältnis als Darlehen eingeordnet. Der Hinweis des Beklagten auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nach der es sich bei Zuwendungen von Schwiegereltern um Schenkungen handeln kann (NJW 2010, 2202; NJW 2015, 690), verfängt nicht. Diese Rechtsprechung betrifft Zuwendungen, die Schwiegereltern an den Ehepartner des leiblichen Kindes mit Rücksicht auf dessen Ehe mit ihrem Kind und zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens machen und die bis dahin - also auch zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Darlehensvertrages im Jahre 1993 - als unbenannte Zuwendung betrachtet wurden (BGH NJW 2010, 2202 Rdn. 20). Die bis zur Änderung der Rechtsprechung mögliche Vereinbarung eines Darlehens (vgl. BGH FamRZ 1995, 1056 = NJW 1995, 2282) ist den Schwiegereltern aber weiterhin unbenommen (Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht/Markwardt, 4. Aufl., Rdn. 145; Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6. Aufl., Rdn. 2087; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl., Rdn. 572). Hier haben die Parteien ausdrücklich einen Darlehensvertrag vereinbart. Dass die Gewährung der Geldleistung vor dem Hintergrund der Ehe mit der Tochter des Klägers gewährt wurde, macht sie nicht zur unbenannten Zuwendung bzw. - nach der neueren Rechtsprechung - zur Schenkung. Dasselbe gilt für den Umstand, dass die Parteien keine Zinsen vereinbart haben. Die Abgrenzung zur Schenkung hat danach zu erfolgen, ob der Geldbetrag nach dem Zweck der Vereinbarung endgültig beim Empfänger verbleiben oder ob dieser zur Rückzahlung verpflichtet werden soll. In letzterem Fall liegt ein Darlehen vor (Münchener Kommentar/Berger, BGB, 7. Aufl., Vor § 488 Rdn. 24). Zwar enthält der Darlehensvertrag keine Regelung zu den Rückzahlungsmodalitäten. Dies ist im Hinblick auf das gesetzliche Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB indes auch entbehrlich. Dass der Beklagte grundsätzlich zur Rückzahlung verpflichtet ist, geht schon aus der Abrede hervor, nach der die Darlehensschuld mit dem Tod des Klägers erlöschen soll, was im Umkehrschluss bedeutet, dass eine Darlehensschuld bis zu diesem Zeitpunkt besteht.

Dem LG ist auch darin zu folgen, dass der Kläger die Darlehen nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB fristgemäß gekündigt hat. Allerdings kann bei Darlehen, die Schwiegereltern mit Rücksicht auf die Ehe mit dem eigenen Kind gewährt haben, eine ergänzende Vertragsauslegung geboten sein. (BGH FamRZ 1973, 252; OLG Düsseldorf FamRZ 1989, 53 = NJW 1989, 908; OLG Köln - 13. Zivilsenat - Urt. v. 10.2.1999 - 13 U 130/98, BeckRS 2015, 00730; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 5. Aufl., Rdn. 76 f.). Es ist danach unter Berücksichtigung des im Vertrag bereits zum Ausdruck gekommenen Parteiwillens und des Vertragszwecks zu ermitteln, was die Parteien als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den ungeregelt gebliebenen, aber tatsächlich eingetretenen Fall der Trennung der Eheleute ebenfalls mitgeregelt und hierbei die Gebote von Treu und Glauben berücksichtigt hätten. Eine Regelung, wona...

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