Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylantrag in einem sicheren Drittstaat; Zurückschiebungshaft
Leitsatz (amtlich)
1. Ein in einem sicheren Drittstaat gestellter Asylantrag ist erst dann i.S.d. § 71a Abs. 1 AsylVfG "erfolglos abgeschlossen", wenn das in dem sicheren Drittstaat betriebene Asylverfahren mit Rechtskraft beendet ist.
2. Die in § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AsylVfG genannte Sicherungshaft umfasst auch eine Haftanordnung zur Sicherung der Zurückschiebung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat (Zurückschiebungshaft).
Normenkette
AsylVfG § 14 Abs. 3, § 71a Abs. 1; AufenthG § 57 Abs. 3
Tenor
Die Stadt L trägt die dem Betroffenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist kostenfrei.
Gründe
I. Der Betroffene, der aus Frankreich unter nicht genau bekannten Umständen eingereist war, wurde am 3.4.2007 bei dem Versuch einer Ausreise vom Flughafen Köln-Bonn nach London unter Verwendung eines vorläufigen deutschen Reisepasses, der auf einen anderen Namen lautete, festgenommen. Am folgenden Tag wurde gegen ihn Sicherungshaft für die Dauer von drei Monaten angeordnet; ferner wurde er dauerhaft mit sofort vollziehbarer Verfügung aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Bereits in Frankreich hatte er einen Asylantrag gestellt, der im Februar 2007 durch die französischen Behörden abgelehnt worden war. Mit Eingang am 16.5.2007 stellte der Betroffene beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus der Sicherungshaft heraus einen Asylantrag. Sein Antrag auf Haftaufhebung vom 14.5.2007 wurde vom AG Köln am 16.5.2007 abgelehnt; eine dagegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 4.6.2007, der ihm - wenn überhaupt - erst nach seiner Haftentlassung am 19.6.2007 zugestellt wurde, wurde sein Asylantrag abgelehnt und seine Abschiebung angeordnet. Zur Begründung verwies das Bundesamt darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland für das Asylverfahren nicht zuständig sei, da der Betroffene in Frankreich um Asyl ersucht habe und er aus diesem sicheren Drittland in die Bundesrepublik eingereist sei.
Mit der sofortigen weiteren Beschwerde vom 14.6.2007 hat der Betroffene die Hauptsache für erledigt erklärt und die sofortige weitere Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränkt.
II. Der zulässige Kostenantrag hat in der Sache zum Teil Erfolg.
Eine Überbürdung der dem Betroffenen entstandenen außergerichtlichen Kosten auf die Gebietskörperschaft, der die Ausländerbehörde angehört, hat hinsichtlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erfolgen, da die Voraussetzungen des entsprechend anzuwendenden § 16 Satz 1 FEVG hierzu vorliegen, nicht hingegen wegen der außergerichtlichen Kosten der ersten und zweiten Instanz. Das Verfahren hat ergeben, dass zunächst ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags auf Anordnung von Sicherungshaft bzw. deren Aufrechterhaltung bestand. Hingegen fehlte ein begründeter Anlass zur weiteren Haftanordnung über den 13.6.2007 hinaus.
Für die Frage, ob der Betroffene begründeten Anlass für die Stellung eines Haftantrags gegeben hatte, kommt es darauf an, wie die Behörde den Sachverhalt zur Zeit der Antragstellung beurteilen durfte, wenn sie alle ihr zumutbaren Ermittlungen angestellt hätte (vgl. BayObLG BayVBl. 1999, 27; 1997, 187; KG FGPrax 1998, 199 = KGReport 1998, 403; Marschner/Volkart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., § 16 FEVG Rz. 3). Für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens ist insofern auf die Sachlage bzw. den Kenntnisstand im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels abzustellen (vgl. Senat OLGReport 2004, 126; BayObLG JurBüro 2001, 107; BayObLGZ 1998, 338; KG InfAuslR 2000, 230 = KGReport 2000, 184).
Nach diesem Maßstab war die Haftanordnung in erster und zweiter Instanz zulässig. Es bestand seitens der Behörde ein begründeter Anlass zur Stellung eines Antrages zur Aufrechterhaltung der Haft anlässlich des Haftentlassungsantrags vom 14.5.2007. Wie schon bei Antragstellung lagen aus den Gründen der Entscheidung des AG die Haftvoraussetzungen vor, nachdem der Betroffene, der weder über einen Reisepass noch ein Visum verfügte, unerlaubt eingereist war und mit einem nicht auf seinem Namen ausgestellten Reisepass, der ihm von einer Schleuserorganisation überlassen worden war, am Flughafen Köln-Bonn angetroffen wurde. Ferner hatte er sich bei einem früheren Aufenthalt im Bundesgebiet nach Entlassung aus dem Polizeigewahrsam aufgrund eines mündlich geäußerten Asylbegehrens nicht bei der für ihn zuständigen Aufnahmeeinrichtung gemeldet, sondern war für die Behörden unerreichbar. Zu Recht hat das AG deshalb die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG angenommen.
Der weiteren Haftanordnung mit Beschluss vom 16.5.2007 stand auch nicht der am selben Tag eingegangene Asylantrag entgegen. Obgleich der vom Betroffenen in Frankreich gestellte Asylantrag im Februar 2007 abgewiesen worden war, ist der nun beim Bundesamt gestellte As...