Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfebewilligung: Anspruch des Sozialleistungsempfängers auf Prozesskostenvorschuss nach Rückabtretung der übergegangenen Unterhaltsansprüche
Leitsatz (amtlich)
In Fällen einer vom Sozialamt gem. § 33 Abs. 4 SGB II vorgenommenen Rückabtretung der auf das Amt übergegangenen Unterhaltsansprüche an die Unterhaltsberechtigte kann für deren Klage auf Zahlung von Unterhalt grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil der Empfänger der Sozialleistungen nicht bedürftig i.S.v. § 114 ZPO ist, da ihm ggü. dem Sozialhilfeträger ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zusteht. (vgl. u.a. BGH FamRZ 2008, 1159 mit Anm. Günther sowie in Juris; kritisch demgegenüber Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 8 Rz. 117).
Dies gilt nicht für den Fall, dass die Durchsetzung des Vorschussanspruches bloße Förmelei ist, etwa wenn sich die Geltendmachung rückübertragener Ansprüche neben den beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen Unterhaltsansprüchen kostenrechtlich nicht auswirkt, wie dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 42 Abs. 5 Satz 2 GKG bei zwischen Eingang des Prozesskostenhilfeantrags und Rechtshängigkeit der Klage fällig werdenden Unterhaltsansprüchen regelmäßig der Fall ist (vgl. BGH, a.a.O., Ziff. 19 a.E.).
Normenkette
ZPO §§ 114-115; GKG § 42 Abs. 5 S. 2; SGB II § 33 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Beschluss vom 24.06.2008; Aktenzeichen 13 F 156/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 3.7.2008 wird der Beschluss des AG - FamG - Eschweiler vom 24.6.2008, soweit der Klägerin Prozesskostenhilfe verweigert worden ist, geändert.
Der Klägerin wird auch insoweit unter Beiordnung von Rechtsanwalt I.E. in F. ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt, als sie für die Zeit von April 2008 bis zur Rechtshängigkeit ihrer Klage, die am 2.7.2008 eingetreten ist, Trennungsunterhalt i.H.v. 592 EUR verlangt.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Das AG hat zu Unrecht den Zeitraum vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage, in dem der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach SGB II gewährt worden sind, aus der Bewilligung der Prozesskostenhilfe herausgenommen. Aufgrund der vom Sozialamt gem. § 33 Abs. 4 SGB II vorgenommenen Rückabtretung der auf das Amt übergegangenen Unterhaltsansprüche an die Klägerin ist diese grundsätzlich befugt, die Ansprüche im vorliegenden Rechtsstreit geltend zu machen. Allerdings trifft es zu, dass, worauf das AG hingewiesen hat, der BGH mit Beschl. v. 2.4.2008 - XII ZB 266/03 - (vgl. u.a. FamRZ 2008, 1159 mit Anm. Günther sowie in Juris; kritisch demgegenüber Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 8 Rz. 117) entschieden hat, dass in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden könne, weil der Empfänger der Sozialleistungen nicht bedürftig sei i.S.v. § 114 ZPO, da ihm ggü. dem Sozialhilfeträger ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zustehe. Von diesem Grundsatz hat der BGH allerdings Ausnahmen gemacht, so für den Fall, dass die Durchsetzung des Vorschussanspruches bloße Förmelei wäre. Das sei anzunehmen, wenn sich die Geltendmachung rückübertragener Ansprüche neben den beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen Unterhaltsansprüchen kostenrechtlich nicht auswirke, wie dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 42 Abs. 5 Satz 2 GKG bei zwischen Eingang des Prozesskostenhilfeantrags und Rechtshängigkeit der Klage fällig werdenden Unterhaltsansprüchen regelmäßig der Fall sei (vgl. Ziff. 19 a.E., a.a.O.). Ein solcher Fall liegt hier aber vor. Die aus der Prozesskostenhilfebewilligung ausgeklammerte Zeit von April 2008 bis zur Rechtshängigkeit der Klage am 2.7.2008 betrifft Unterhaltsansprüche, die nach Eingang des Prozesskostenhilfeantrags am 11.3.2008 fällig geworden sind. Da auch die Voraussetzungen des § 42 Abs. 5 Satz 2 GKG gegeben sind, ist ab dem Eingang des PKH-Antrags für die danach fällig gewordenen Unterhaltsansprüche der Streitwert gem. § 42 Abs. 1 GKG nach dem für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderten Unterhaltsbetrag zu bemessen; eine Erhöhung der nach § 42 Abs. 5 GKG hinzuzurechnenden Rückstände findet daher wegen der Geltendmachung der rückübertragenen Ansprüche im vorliegenden Rechtsstreit nicht statt; nur dann würde sich dies kostenrechtlich auswirken.
Eine Kostenentscheidung ist nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 2065873 |
FamRZ 2009, 135 |
OLGR-Mitte 2009, 170 |