Tenor

Das Verfahren 180 Js 814/14 Staatsanwaltschaft Köln wird eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

Die Entscheidung entspricht dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, welche mit Vorlageverfügung vom 16.08.2016 wie folgt zu dem Rechtsmittel Stellung genommen hat:

"I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 15.06.2016 - 581 Ds 104715 - wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln schuldig gesprochen, verwarnt und sich die Verhängung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 Euro vorbehalten (Bl. 91 ff. d. A.).

Gegen dieses, seinem Verteidiger am 24.06.2016 zugestellte (Bl. 98 d. A.) Urteil hat der Angeklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 15.06.2016, bei Gericht eingegangen am 16.06.2016 Revision eingelegt (Bl. 94 d. A.) und diese mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 24.06.2016, bei Gericht eingegebenen am 27.06.2016, begründet (Bl. 100 ff. d. A.). Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses.

II.

Die gemäß § 335 StPO statthafte und auch ansonsten zulässige (Sprung-)Revision hat in der Sache insoweit Erfolg, als sie zur Einstellung des Verfahrens führt.

Die durch die Erhebung der (allgemeinen) Sachrüge veranlasste Prüfung, ob von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernisse vorliegen (BGHSt 21, 242; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur SenE v. 12.12.2000 - Ss 446/00 - = VRS 100, 45 = NJW 2001, 1223), führt hinsichtlich des im Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15.06.2016 - 581 Ds 104/15 - festgestellten Tatvorwurfs des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln am 06.11.2014 zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO, weil es bezüglich dieser Tat ausweislich der Akten an einer wirksamen Anklageschrift und einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt und der Strafverfolgung insoweit ein dauerndes Verfahrenshindernis entgegensteht (BGH, NJW 1991, 2716; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage, § 200, Rdnr. 26 m.w.N.).

In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln vom 06.03.2015 wird dem Angeklagten vorgeworfen:

"...am 06.07.2014 in L Betäubungsmittel besessen zu haben, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein. ... Er verfügte am Tattag in seiner Wohnung an verschiedenen Stellen neben diversen Arzneimitteln, 65 Cannabissamen und ungewogenen Marihuana-Tabak-Gemischmengen über 4 Ecstasytabletten, 0,96g netto Amphetamin und insgesamt 2,77g netto Marihuana."

Ein wesentliches Ergebnis der Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft nicht verfasst. Diese Anklage wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 30.03.2015 - 581 Ds 104/15 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.

Die verurteilte Tat vom 06.11.2014 wird nicht von der Anklageschrift erfasst.

Die Anklageschrift benennt fälschlicherweise den 06.07.2014 als Tatzeit. Fehler bei der Bezeichnung der Tatzeit stellen die Identität der Tat und damit die sachliche Abgrenzungsfunktion der Anklage zwar nicht in Frage, wenn die Tat durch andere Umstände so genügend konkretisiert bleibt, dass ihre Individualität und Unterscheidbarkeit von anderen Taten gewahrt ist (Oberlandesgericht Karlsruhe, MDR 1982, 248, [...]), dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Angesichts des Umstandes, dass der Zeuge C den Angeklagten in seiner Aussage vom 06.07.2014 beschuldigte hat, unerlaubt Betäubungsmittel zu besitzen, kommt nach dem Inhalt der Akte auch dieses Datum als Tatzeit in Betracht. In der Anklageschrift wird keine weitergehende Individualisierung, insbesondere keine Bezugnahme auf die am 06.11.2014 erfolgte Wohnungsdurchsuchung vorgenommen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte auch am 06.07.2014 im Besitz der in der Anklage aufgeführten Betäubungsmittel war.

Dieser Mangel wurde weder mit dem Eröffnungsbeschluss noch in der Hauptverhandlung behoben. Zwar heißt es in den Urteilsgründen:

"Soweit in der Anklage versehentlich der 06.07.2014 angegeben worden ist, handelt es sich - wie erörtert - offensichtlich um einen Schreibfehler bzw. Übertragungsfehler aus dem handschriftlichen Entwurf."

Diese Feststellung versetzt das Revisionsgericht jedoch nicht in die Lage, zu überprüfen, ob eine Heilung des vorliegenden funktionellen Mangels der Anklageschrift und des Eröffnungsbeschlusses stattgefunden hat. Dazu hätte es im Einzelnen der Wiedergabe, was, wann und zwischen wem "erörtert" worden ist bedurft. Darüber hinaus ergibt sich eine Klarstellung durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung auch nicht aus dem Hauptverhandlungsprotokoll, in welchem der Vorgang der Heilung als wesentliche Förmlichkeit zu protokollieren gewesen wäre (BGH GA 73, 111; BGH NStZ 1984, 133). Das vorliegende Hauptverhandlungsprotokoll verhält sich zu dieser Problematik jedoch nicht.

Mit der Einstellung des Verfahrens in der Rechtsmittelinstanz wird das davon betroffenen voraufgegangene Urteil gegenstandslos, ohne dass es seiner Aufhebung bedarf (vgl. BGH NStZ-RR 200...

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