Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame elterliche Sorge trotz zerstrittener Eltern
Leitsatz (amtlich)
Ist nicht erkennbar, dass sich das (behauptete) schlechte Verhältnis zwischen den Eltern bislang negativ auf das Kindeswohl ausgewirkt hat und ist auch nicht zu befürchten, dass sich zukünftig negative Auswirkungen ergeben könnten, verbleibt es trotz der Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den beiden Elternteilen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge, da die in der gemeinsamen Sorge gesetzlich ausgeprägte besondere gemeinschaftliche Verantwortung der Eltern für ihr Kind auch nach ihrer Trennung dem Kindeswohl am Besten entspricht, wenn auch sonst keine besonderen Umstände dagegen sprechen.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2, § 1687
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 29.08.2007; Aktenzeichen 40 F 84/06) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 29.8.2007 - 40 F 84/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
II. Der Antrag der Antragstellerin, ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird mangels Erfolgsaussicht der eingelegten Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Antrag des Antragsgegners, ihm zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen, da er seine Bedürftigkeit i.S.d. § 114 ZPO nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.
Gründe
1. Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - befristete Beschwerde der Antragstellerin (§ 621e ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat zu Recht davon abgesehen, der Antragstellerin das uneingeschränkte alleinige Sorgerecht bezüglich der betroffenen Kinder zu übertragen. Vielmehr war es ausreichend, um den Kommunikationsschwierigkeiten der beteiligten Eltern genüge zu tun, das Sorgerecht des Antragsgegners dahin zu beschränken, dass gemäß dem angefochtenen Beschluss das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Vermögenssorge über die gemeinsamen Kinder der Beteiligten zu 1.) und 2.), K und M, auf die Kindesmutter übertragen worden ist.
Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die überzeugenden Ausführungen des FamG, denen zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nur Folgendes hinzuzufügen ist:
Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH bereits mehrfach entschieden hat (vgl. OLG Köln vom 29.3.2005 - 4 UF 25/05 -, vom 21.8.2006 - 4 UF 20/06 - und 18.8.2006 - 4 UF 8/06 (OLGReport 2006, 853-855 m.w.N.) - ist die Frage, ob die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu übertragen ist, ausschließlich am Wohl des Kindes zu orientieren. Bei mangelnder Konsens - und Kooperationsbereitschaft der Eltern ist daher zu prüfen, welche Auswirkungen die fehlende Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird (vgl. BGH FamRZ 1999, 1646; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 111). Eine Übertragung der elterlichen Sorge auf nur einen Elternteil kann daher für den Fall, dass die Eltern heillos zerstritten und nicht in der Lage sind, zum Wohle des Kindes gemeinsam zu handeln, in Betracht kommen. So erscheint die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil dann geboten, wenn wegen der heillosen Zerstrittenheit der Eltern eine Einigung auch über wesentliche Kindesbelange nicht mehr möglich erscheint. Die Fähigkeit zu kooperativem Verhalten äußert sich darin, dass die Eltern in der Lage sind, persönliche Interessen und Differenzen zum Wohle des Kindes zurückzustellen. Danach ist eine Kooperationsbereitschaft solange gegeben, wie zwischen den Eltern in allen Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind (§ 1687 BGB) Einigkeit besteht bzw. mit Hilfe Dritter - aber ohne Gerichtsverfahren - hergestellt werden kann. Nur wenn sich eine Kooperationsbereitschaft in diesem Umfang nicht feststellen lässt, ist die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben. Das kann der Fall sein, wenn die Eltern nach der Trennung nur noch über ihre Rechtsanwälte verkehren und z.B. ständig Streitereien über die Ausübung des Umgangsrechtes entstehen (vgl. hierzu Oelkers, Die Entwicklung des Sorgerechts bis Ende 2001, Teil 2, FuR 2002, 168, 170, II 2. a) bb) m.w.N.; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl. 2007, § 1687 Rz. 7).
Ist dagegen nicht erkennbar, dass sich das behauptete schlechte Verhältnis zwischen den Eltern bislang negativ auf das Kindeswohl ausgewirkt hat und ist auch nicht zu befürchten, dass sich zukünftig negative Auswirkungen ergeben könnten, verbleibt es trotz der Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den beiden Elternteilen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge, da die in der gemeinsamen Sorge gesetzlich ausgeprägte besondere gemeinschaftliche Verantwortung der Eltern für ihr Kind auch nach ihrer Trennung dem Kindeswohl am Besten entspricht, wenn auch sonst keine besonderen Umstände dagegen sprechen.
Solche besonderen Umstände liegen nicht vor. Insbesondere hat die Antra...