Verfahrensgang
AG Aachen (Aktenzeichen 231 F 208/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 15.11.2019 - 231 F 208/19 - abgeändert:
Der Antrag des Kindesvaters auf Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis bezüglich der Reise mit den im Rubrum genannten Kindern nach A/Nigeria im Zeitraum 23.12.2019 bis 4.1.2020 wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Kindesmutter und der Kindesvater je 1/2; eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kindesvater.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Kindeseltern sind in Trennung lebende Eheleute. Der Kindesvater ist nigerianischer Herkunft. Die gemeinsamen Kinder B und C haben ihren Lebensmittelpunkt im mütterlichen Haushalt.
Zwischen den Kindeseltern war der reguläre Umgang sowie der Ferienumgang der Kinder mit dem Kindesvater streitig. Hierzu erzielten die Kindeseltern Einvernehmen.
Streitig blieb der Umgang des Kindesvaters mit den gemeinsamen Kindern zu Weihnachten 2019. Der Kindesvater plante bereits seit längerer Zeit, mit den gemeinsamen Kindern zunächst vom 25.12.2019, später bereits vom 23.12.2019 bis Ende der Schulferien nach Nigeria zu fliegen, um seine dort lebende Familie zu besuchen, die die gemeinsamen Kinder noch nicht kennengelernt hat. Weiterhin dient die Reise dazu, zusammen mit den Kindern an den Hochzeitsfeierlichkeiten einer Schwester des Kindesvaters sowie an der Feier des 80. Geburtstags des Großvaters väterlicherseits teilzunehmen.
Nachdem die Kindesmutter zunächst beanstandet hatte, es sei Tradition, dass sie den Heiligen Abend zusammen mit den Kindern im Kreis ihrer Familie verbringe, äußerte sie nach Mitteilung der Reiseroute durch den Kindesvater mit Schriftsatz vom 24.9.2019 unter Hinweis auf die zum Entscheidungszeitpunkt noch aktuellen Teilreisewarnungen des Auswärtigen Amtes (GA Bl. 111 ff.) Sicherheitsbedenken. Aus den Teilreisewarnungen des Auswärtigen Amtes folge, dass von einer Reise u.a. in den Bundesstaat D, welcher Reiseziel des Kindesvaters sei, abgeraten werde, sofern die Anreise nicht direkt auf dem Luftweg in die jeweiligen Hauptstädte führe.
Der Kindesvater ist den Bedenken der Kindesmutter entgegen getreten und hat ausgeführt, dass er die Reise sorgfältig vorbereitet habe.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15.11.2019 dem Kindesvater die Entscheidungsbefugnis betreffend die Durchführung der Reise mit den Kindern nach A/Nigeria im Zeitraum 23.12.2019 bis 4.1.2020 unter Erteilung von Auflagen übertragen. Das Amtsgericht hat festgestellt, die Alleinentscheidungskompetenz sei auf den Kindesvater zu übertragen, weil die von ihm geplante Reise nach Nigeria dem Kindeswohl besser gerecht werde als der Verbleib der Kinder im Inland. Es entspreche dem Wohl der Kinder, dass diese ihre direkten Verwandten in Nigeria kennenlernen würden. Der Kindesvater habe die Reise sorgfältig vorbereitet. Die Teilreisewarnungen des Auswärtigen Amtes richteten sich an nach Nigeria einreisende Ausländer, aber nicht an einreisende Nigerianer. Wegen seiner nigerianischen Herkunft würden der Kindesvater, aber auch die Kinder nicht als Touristen wahrgenommen.
Gegen diese Entscheidung hat die Kindesmutter form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Sie rügt mit ihrer Beschwerde im Wesentlichen, dass das Amtsgericht die Gefährdungslage für die Kinder durch die Reise nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Der Kindesvater verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er ist der Auffassung, dass die von der Kindesmutter dargelegten abstrakten Risiken durch die Sicherheitslage in Nigeria hinter dem Nutzen der Reise für die Kinder, die Familie des Kindesvaters kennenzulernen, zurückstehen müssten.
II. Die nach den §§ 58 ff. FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen nach § 1628 BGB für die Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis auf den Kindesvater wegen der geplanten Reise zusammen mit den Kindern nach Nigeria liegen nicht vor. Die Reise entspricht nicht dem Wohl der Kinder.
Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass es sich bei der von dem Kindesvater geplanten Reise nach Nigeria um eine Angelegenheit handelt, die für beide Kinder von erheblicher Bedeutung ist. Nach § 1628 Satz 1 BGB kann das Familiengericht, wenn sich die Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, wie vorliegend nicht einigen können, auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die aufgrund § 1628 BGB zu treffende Entscheidung des Familiengerichts richtet sich gemäß § 1697 a BGB nach dem Kindeswohl. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird (BGH, Beschluss vom 03.05. 2...