Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung, Architektenhaftung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Klausel in einem Architektenvertrag, nach der der Architekt, der vom Bauherrn wegen eines Schadens, den auch ein Dritter zu vertreten hat, verlangen kann, dass der Bauherr sich außergerichtlich erst bei dem Dritten um die Durchsetzung seiner Ansprüche auf Nachbesserung und Gewährleistung bemüht, ist keine Subsidiaritätsbestimmung in dem Sinne, dass die Haftung des Architekten aufschiebend bedingt wäre und ihre Verjährung folglich erst mit der erfolglosen Inanspruchnahme des Dritten zu laufen begänne. Vielmehr ist die Klausel auch aus der Sicht eines durchschnittlichen Adressaten im Sinne eines Verweisungsrechts des Architekten zu verstehen; erst durch dessen Ausübung wird die Verjährung gehemmt (Abgrenzung zu BGH BauR 1987, 343 = NJW 1987, 2743).

 

Normenkette

BGB §§ 199 ff.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 17 O 164/09)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO vorliegen.

Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die auf Schadensersatz nach § 635 BGB a.F. gerichtete Klage zu Recht abgewiesen, weil die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreift.

 

Gründe

1. Das LG nimmt hinsichtlich der Verjährung folgendes an:

  • Der Lauf der Verjährung habe (entsprechend der Regelung in § 7.5 des Architektenvertrages) mit Abnahme der Leistung der Beklagten am 1.8.2003 begonnen.
  • Die Verjährung sei nicht nicht durch die Mängelrüge der Klägerin vom 18.7.2006 (Bl. 82), sondern erst durch das Schreiben der Klägerin v. 28.8.2006 (Bl. 6 d.A.) gehemmt worden. Durch die Nichtbeantwortung des Schreibens der Klägerin vom 24.10.2006 (vgl. Bl. 78 d.A.) sei die Hemmung unter Einrechnung einer angemessenen Stellungnahmefrist von 14 Tagen am 8.11.2006 beendet worden.
  • Eine erneute Hemmung durch das - zwei Angebote zur Weiterleitung an den Haftpflichtversicherer der Beklagten enthaltende - Schreiben des Architekten der Klägerin vom 1.2.2007 (Bl. 36 d.A.) sei am 1.2.2007 ausgelaufen.
  • Eine weitere Hemmung durch Verhandlung über den Klageentwurf der Klägerin vom 15.11.2007 habe infolge der Nichtbeantwortung des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 12.2.2008 (Bl. 88 d.A.) durch ein Einschlafenlassen der Verhandlungen am 27.2.2008 geendet.
  • Die fünfjährige Verjährung (§ 7. 5 des Architektenvertrages) sei daher mit Ablauf des 5.2.2009 und vor Klageerhebung eingetreten.

2. Die Berufung wendet ein:

  • Der Verjährungsbeginn sei durch die vereinbarte Subsidiaritätsklausel in § 7.6 des Architeketenvertrages hinausgeschoben worden.
  • Jedenfalls sei die erste Hemmung der Verjährung schon durch die Mängelrüge der Klägerin vom 18.7.2006 eingetreten. Auch habe die Beklagte mit Schreiben vom selben Tage eine Mängelrüge gegenüber dem Handwerker erhoben und dies der Klägerin mit Telefax vom 27.7.2006 mitgeteilt.
  • Die Hemmung sei nicht durch das Nichtbeantworten ihres Schreibens vom 24.10.2006 beendet worden, da die Klägerin selbst von der Weiterleitung an die Haftpflichtversicherung ausgegangen sei, wie das Schreiben ihres Architekten vom 1.2.2007 zeige.
  • Die Hemmung durch die Verhandlungen über den Klageentwurf habe länger als bis zum 27.2.2008 angedauert, weil die angekündigte Klage sehr komplex gewesen sei.

3. Die Rügen der Berufung greifen nicht durch:

  • Der Ablauf der fünfjährigen Verjährung hat mit der Abnahme der Leistung der Beklagten am 1.8.2003 begonnen. Er ist nicht durch die Klausel in § 7.6 des Architektenvertrages hinausgeschoben worden. Der hier maßgebende Teil der Klausel lautet:

"... Wird der Architekt wegen eines Schadens in Anspruch genommen, den auch ein Dritter zu vertreten hat, kann er vom Bauherrrn verlangen, dass der Bauherr sich außergerichtlich erst bei dem Dritten ernsthaft um die Durchsetzung seiner Ansprüche auf Nachbesserung und Gewährleistung bemüht."

Die Klägerin meint, bei dieser Klausel - die einer Regelung des Architektenmustervertrages entspreche - handele es sich ihrem Verständnis nach um eine Subsidiaritätsklausel, mit der die Beklagte eine nachrangige Haftung habe erreichen wollen. Die Haftung des Architekten sei insoweit aufschiebend bedingt, mit der Folge, dass die Verjährung erst beginne, wenn das Unvermögen des ausführenden Unternehmers fest stehe. Das entspricht einer in Rechtsprechung und Schrifftum verbreiteteten Aufassung (OLG Hamm BauR 2006, 704 = NZBau 2006, 324; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rz. 2733 und 2873; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 12. Teil Rz. 509; Schmalzl/Lauer/Wurm, Haftung des Architekten und Bauunternehmers, 5. Aufl., Rz. 582; Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 634a Rz. 9). Diese geht auf eine Entscheidung des BGH vom 22.1.1987 (BauR 1987, 343 = NJW 1987, 2743) zurück. Nach der dort zugrunde liegenden Klausel hing die Inanspruchnahme des Architekten aber "automatisch" vom Unvermögen des zuvor in Anspruch zu nehmenden Dri...

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