Verfahrensgang
AG Leverkusen (Aktenzeichen 8 VI 212/15) |
Tenor
Zuständig ist das AG Schöneberg.
Gründe
1. Das AG Leverkusen hat die Sache durch Beschluss vom 25.11.2015 formell rechtskräftig an das AG Schöneberg mit der Begründung abgegeben, der Erblasser sei Deutscher und habe zur Zeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt gehabt. Das AG Schöneberg hat die Sache durch Beschluss vom 26.01.2016 formell rechtskräftig an das AG Leverkusen mit der Begründung zurückverwiesen, dass sich Nachlassgegenstände, im vorliegenden Fall ein Konto bei der T M im Gerichtsbezirk des AG Leverkusen befinden würden. Daraufhin hat das AG Leverkusen die Sache durch Beschluss vom 03.03.2016 dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 FamFG vorgelegt.
Das zuständige Gericht ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zu bestimmen, da ein so genannter negativer Zuständigkeitsstreit besteht (vgl. hierzu etwa Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 5 Rn. 21 m.w.N.). Da das nächsthöhere gemeinsame Gericht der AGe Schöneberg und Leverkusen der Bundesgerichtshof ist, hat die Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht Köln, zu dessen Bezirk das zunächst mit der Sache befasste AG Leverkusen gehört, zu erfolgen (§ 5 Abs. 2 FamFG).
2. Zuständiges Gericht ist das AG Schöneberg.
Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sind nicht nur allgemeine Zuständigkeitsvorschriften, sondern auch die verfahrensrechtlichen Bindungswirkungen (§ 3 Abs. 3 S. 2 FamFG) und Zuständigkeitsverfestigungen (§ 2 Abs. 2 FamFG) zu beachten. Die Bindungswirkung des ersten Verweisungsbeschlusses wirkt daher auch im Bestimmungsverfahren fort, weshalb regelmäßig das Gericht als zuständig zu bestimmen ist, an das die Sache durch den ersten - bindenden - Verweisungsbeschluss gelangt ist. Dabei kommt einem Verweisungsbeschluss grundsätzlich auch dann Bindungswirkung zu, wenn er sachlich unrichtig ist oder auf Verfahrensmängeln beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 213; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2013, 1354; Keidel/Sternal, a.a.O., § 5 Rdn. 45; jeweils m. w. Nachw.).
a) Die Zuständigkeit des AG Schöneberg folgt nicht bereits daraus, dass sich zunächst das AG Leverkusen mit seinem am 25.11.2015 erlassenen Beschluss für unzuständig erklärt und die Sache dorthin verwiesen hat. Denn die in § 3 Abs. 3 S. 2 FGamFG angeordnete Bindungswirkung reicht nur so weit, wie das verweisende Gericht eine Zuständigkeitsentscheidung getroffen hat (Keidel/Sternal, a.a.O., § 3 Rdn. 52 m. w. Nachw.). Bei seiner Verweisungsentscheidung hatte das AG Leverkusen indes lediglich darüber zu befinden, ob seine eigene örtliche Zuständigkeit vorlag und - falls dies zu verneinen sein sollte - welches andere Gericht örtlich zuständig war. Da die Erblasserin Deutsche war und zur Zeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte, hat es diese Frage zu Recht dahingehend beantwortet, dass das AG Schöneberg zuständig ist (§ 343 Abs. 2 S. 1 FamFG a.F.). Nicht vom Prüfungsumfang umfasst war hingegen eine mögliche Befugnis des zuständigen AG Schöneberg, die Sache aus wichtigen Gründen an ein anderes Gericht zu verweisen (§ 343 Abs. 2 S. 2 FamFG a.F.; ebenso KG, MDR 2014, 409 f.). Im Rahmen dieser dem AG Schöneberg vorbehaltenen Prüfung war dieses auch nicht darauf beschränkt, die Sache gegebenenfalls an ein drittes Gericht zu verweisen. Möglich war - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - auch eine Zurückverweisung an das bereits mit der Sache befasste AG Leverkusen.
b) Andererseits hat auch das AG Schöneberg mit seinem Beschluss vom 26.01.2016 keine bindende Verweisung an das AG Leverkusen ausgesprochen.
Zwar sind nach dem Willen des Gesetzgebers, der dies durch die Verwendung des Begriffs "Verweisung" zum Ausdruck gebracht hat, auch Beschlüsse nach § 343 Abs. 2 S. 2 FamFG a.F. grundsätzlich bindend im Sinne des § 3 Abs. 3 S. 2 FamFG (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 277). Nach allgemeiner Ansicht kommt aber offenbar gesetzeswidrigen und offensichtlich unrichtigen Verweisungsbeschlüssen keine Bindungswirkung zu. Offensichtlich unrichtig in diesem Sinne sind Verweisungsbeschlüsse insbesondere dann, wenn sie auf objektiver Willkür beruhen, wenn sie also schlechterdings nicht als im Rahmen des Gesetzes ergangen angesehen werden können, weil sie nicht nur auf unrichtiger Rechtsanwendung beruhen, sondern jeder gesetzlichen Grundlage entbehren (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH NJW 2006, 847; KG, FamRZ 2011, 319; weitere Nachweise bei Keidel/Sternal, a.a.O., § 3 Rdn. 53 sowie zur inhaltsgleichen Regelung in § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bei Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 281 Rdn. 17). Für die Annahme von Willkür braucht sich das verweisende Gericht nicht bewusst über Tatsachen oder Rechtsnormen hinweggesetzt zu haben. Weicht es von der Gesetzeslage oder der ganz einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum ab, dann muss es dies wenigstens gesehen und die eigene Auffassung begründet haben; fehlt ...