Leitsatz (amtlich)

1. In der Rechtsschutzversicherung stellt die Geltendmachung eines Direktanspruchs des Geschädigten nach Insolvenz des Schädigers gegen dessen Vermögensschadenhaftpflichtversicherer einen eigenständigen Rechtsschutzfall i.S.d. § 4 Nr. 1 S. 1 c) ARB 2001 dar.

2. Der Rechtsschutzfall ist daher mit einer gegenüber dem Geschädigten erklärten Zurückweisung des geltend gemachten Direktanspruchs durch den Vermögensschadenhaftpflichtversicherer eingetreten.

3. Im Falle einer schriftlichen Deckungsablehnung des Vermögensschadenhaftpflichtversicherers ist für den Eintritt des Rechtsschutzfalls auf den Zugang der Deckungsablehnung abzustellen, so dass bei Beendigung der Rechtsschutzversicherung in diesem Zeitpunkt kein Versicherungsschutz besteht.

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Köln (20 O 321/17) vom 11.07.2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels tragen die Kläger.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 50000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Gewährung von Deckungsschutz aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag und das Vorliegen eines Versicherungsfalles innerhalb der Vertragslaufzeit.

Die Kläger waren über einen Rechtsschutzversicherungsvertrag ihrer Fa. T. GmbH mit einer Laufzeit vom 01.10.2000 bis zum 01.04.2017 bei der Beklagten mitversichert. Dem Vertrag lagen die Versicherungsbedingungen P. ARB 2011 zugrunde, die unter anderem den Vertragsrechtschutz umfassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage BLD 6 (Bl. 186 ff.) vorgelegten Versicherungsbedingungen Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 09.03.2016 erteilte die Beklagte den Klägern eine Deckungszusage für die Interessenwahrnehmung in Zusammenhang mit ihrer gescheiterten Kapitalanlage an der deutschen B.H. GmbH & Co. KG bezüglich einer Klagesumme von 1.306.000 EUR. Die Klage war unter anderem gegen die S. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: S.), eine in Deutschland zugelassene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, gerichtet. Nachdem das Landgericht Nürnberg-Fürth der Klage stattgab, stellte die S. Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht Fürth (Az.: IN 604/16). Der Insolvenzverwalter stellte die Forderung der Kläger in Höhe der Klageforderung fest.

Am 27.03.2017 meldeten die Kläger einen Direktanspruch aus dem Versicherungsvertrag der S. unter Bezugnahme auf die Insolvenz bei deren Berufshaftpflichtversicherung, der H Versicherung AG (im Folgenden: H), an. Mit auf den 29.03.2017 datiertem Schreiben, den Klägern zugegangen am 03.04.2017, lehnte diese unter Berufung auf eine wissentliche Pflichtverletzung der S. jegliche Zahlung an die Kläger ab.

Die Kläger beantragten daraufhin Deckungsschutz für eine gegen die H gerichtete Zahlungsklage bei der Beklagten. Diese lehnte die Gewährung von Deckungsschutz mit Schreiben vom 08.05.2017 unter Verweis auf das am 01.04.2017 beendete Versicherungsverhältnis ab.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der vor dem Landgericht gestellten Schlussanträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Kläger für einen in den versicherten Zeitraum fallenden Rechtsverstoß der H beweisfällig geblieben seien. Die Kläger hätten keinen Beweis für die Tatsache einer Entäußerung der Leistungsverweigerung durch die H während der Versicherungszeit angeboten. Insbesondere sei zu beachten, dass das auf dem Schreiben ausgewiesene Datum 29.03.2017 nicht zwingend den Tag der Erstellung des Schreibens kennzeichne, sondern lediglich ein Indiz darstelle. Erst recht lasse das Datum keinen Rückschluss auf die Aufgabe des Schreibens zur Post zu.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie rügen, dass das Landgericht einer Entscheidung über die strittige Frage ausgewichen sei, ob es für den Eintritt des Rechtsschutzfalls auf den Zeitpunkt der Verlautbarung oder auf den Zugang der Willenserklärung der H ankomme. Das Landgericht habe eine in der mündlichen Verhandlung nicht problematisierte Rechtsauffassung vertreten, indem es den Klägern zu Unrecht vorgeworfen habe, nicht hinreichend substantiiert vorgetragen zu haben, wann die H ihre ablehnende Entscheidung getroffen und verlautbart habe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten die Kläger die ablehnende Entscheidung der H vorgelegt und dargelegt, dass diese bereits am 29.03.2017 geäußert und in die Post gegeben worden sei. Nachdem das Landgericht in den vorangegangenen Hinweisen immer auf den Zugang der Entscheidung abge...

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