Leitsatz (amtlich)

Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein vorprozessual eingeholtes Privatgutachten als Beweismittel im einstweiligen Verfügungsverfahren.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 02.07.2007; Aktenzeichen 31 O 985/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 3.520 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin nahm die Antragsgegnerin im Rahmen eines Eilverfahrens darauf in Anspruch, dass dieser verboten werden möge, zu Zwecken des Wettbewerbs ein bestimmtes Kaubonbon mit der Angabe "30 % weniger Zucker als herkömmliche Kaubonbons zu bewerben und/oder abzugeben. Die Antragsschrift, die auf den 13.12.2006 datierte, ging am folgenden Tag beim LG Köln ein. Dieses ließ die beantragte einstweilige Verfügung mit Kostenregelung zu Lasten der Antragsgegnerin. Diese wurde in der Folgezeit nicht mehr angegriffen. Eine Abmahnung seitens der Antragstellerin wurde zuvor nicht vorgenommen.

Zur Festsetzung angemeldet hat die Antragstellerin u.a. die Kosten für ein vorprozessual eingeholtes Privat-Gutachten i.H.v. 3.520 EUR. Hierzu trägt sie vor, die Einholung des Gutachtens habe der Erlangung eines Beweismittels zur Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruches im Eilverfahren gedient, nicht aber dazu, um sich erst dadurch Klarheit über die eigene Rechtsposition zu verschaffen. Sie habe zunächst im hauseigenen Labor Untersuchungen durchgeführt. Anlässlich dessen habe sich ergeben, dass die Werbeaussage der Antragsgegnerin nicht zutreffe. Entsprechende Ergebnisse hätte am 13.11.2006 zur Verfügung gestanden. Aufgrund dessen habe man sich entschlossen, eine wettbewerbsrechtliche Untersagungsverfügung gegen die Antragsgegnerin zu erreichen. Zu diesem Zwecke habe sie den Erwerb von 32 verschiedenen Kaubonbons für eine komplette Marktübersicht veranlasst und am 23.11.2006 ein Fachinstitut in C zur Durchführung einer lebensmittelrechtlichen Untersuchung zur Erlangung eines zur Vorlage bei Gericht geeigneten Glaubhaftmachungsmittels beauftragt. Eine derart umfassende Untersuchung könne sie sich selbst durch ihr eigenes Labor nicht leisten. Nach Vorlage der Ergebnisse am 6.12.2006 habe sie am 13.12.2006 - wie unstreitig ist - das Verfügungsverfahren eingeleitet.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die in Rede stehenden Kosten für das Privat-Gutachten seien nicht erstattungsfähig. Da die Antragstellerin ihrem eigenen Vortrag nach bereits aufgrund eigener Untersuchungen ein sicheres Bild gehabt habe, habe diese sie aufgrund dessen bereits abmahnen können und müssen. In diesem Fall wäre eine Unterwerfung erfolgt, was sich schon daraus ergebe, dass sie die erlassene einstweilige Verfügung nicht angegriffen habe. Der Einholung des Privat-Gutachtens habe es nicht bedurft. Zudem habe die Antragstellerin die aufgrund eigener Untersuchungen gewonnenen Ergebnisse durch eidesstattliche Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung in das Verfügungsverfahren einführen können.

Die Antragstellerin erwidert, die Frage der Abmahnung sei nur im Hinblick auf § 93 ZPO von Bedeutung.

Hierzu ist die Antragsgegnerin der Ansicht, dass es gerade Sinn der Abmahnung sei, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden.

Der Rechtspfleger hat die begehrte Festsetzung nicht vorgenommen und auch der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat er sich auf die unterlassene Abmahnung gestützt und gemeint, das Privat-Gutachten sei schon deshalb nicht nötig gewesen, weil es im Verfügungsverfahren nicht des Vollbeweises, sondern nur der Glaubhaftmachung bedürfe, wozu die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen der Antragstellerin ausreichend gewesen seien.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg. Zu Recht hat der Rechtspfleger die begehrte Festsetzung abgelehnt.

1. Grundsätzlich obliegt es dem Prozessgericht, im Wege der Beweisaufnahme den streitigen Sachverhalt aufzuklären. Es ist nicht Sache der Parteien, die gerichtliche Beweisaufnahme vorwegzunehmen. Deshalb sind die Kosten für ein vorprozessual eingeholtes Parteigutachten nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits als erforderlich i.S.d. §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 103 Abs. 1 ZPO anzusehen. Dies nur dann, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Dabei muss sich das Gutachten auf einen konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf diesen in Auftrag gegeben worden sein. Nur dann ist von einer Prozessbezogenheit auszugehen (BGH MDR 2003, 413; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rz. 13 "Privat-Gutachten"). Hierzu hat der BGH in der genannten Entscheidung ausgeführt: "In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, dass die Kosten für vorprozessual erstattete Privat- Gutachten nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits angesehen werden können. Insoweit genügt es nicht, wenn das G...

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