Leitsatz (amtlich)

Die Kosten für ein privat eingeholtes Meinungsforschungsgutachten in einem markenrechtlichen Verfügungsverfahren sind nicht erstattungsfähig, wenn die Partei auch ohne das Gutachten in der Lage war, ihrer Darlegungslast in Bezug auf die Zeichenähnlichkeit zu genügen, und das Gutachten keinen Eingang in die gerichtliche Entscheidung gefunden hat.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 104

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 HK O 280/19)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.12.2020, Az. 4 HK O 280/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 7.450,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Landgericht erließ am 23.01.2019 eine einstweilige Verfügung, in der es der Verfügungsbeklagten untersagte, in der Europäischen Union Oberbekleidung in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder einzuführen oder auszuführen sowie zu bewerben, die mit einer Streifen-Kennzeichnung gemäß dem Verletzungsmuster versehen sind (Az. 4 HK O 280/19).

Dagegen legte die Verfügungsbeklagte Widerspruch ein.

Mit Schriftsatz vom 04.07.2019, einen Tag vor der mündlichen Verhandlung beim Landgericht Nürnberg-Fürth, legte die Verfügungsklägerin ein Privatgutachten der GfK vom 27.06.2019, gezeichnet durch K...H...(Name), vor (Anlage LSG 17).

Mit Endurteil vom 26.07.2019 bestätigte das Landgericht die Beschlussverfügung vom 23.01.2019.

Gegen dieses Urteil legte die Verfügungsbeklagte Berufung ein. Nach Hinweis vom 10.01.2020 über die Erfolglosigkeit der Berufung durch den Senat (Az. 3 U 3304/19) nahm die Verfügungsbeklagte ihre Berufung zurück.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30.12.2020 wies das Landgericht Nürnberg-Fürth den Festsetzungsantrag der Verfügungsklägerin bzgl. der Recherche-Kosten des Herrn H...(Name) zurück.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Verfügungsklägerin in ihrer sofortigen Beschwerde. Sie beantragt unter Teilaufhebung des angefochtenen Beschlusses die mit Kostenfestsetzungsantrag vom 08.10.2019 beantragte Kostenposition - Auslagen für Recherche GFK vom 01.07.2019 i.H.v. 7.450,00 EUR - ebenfalls festzusetzen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab.

II. Das Rechtsmittel ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO als sofortige Beschwerde zulässig. In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Rahmen der Kostenfestsetzung die Auslagen für das Privatgutachten der GfK vom 01.07.2019 zu Recht nicht in Ansatz gebracht.

1. In rechtlicher Hinsicht ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

a) Die Kosten eines von einer Partei eingeholten Privatgutachtens sind nach einhelliger Meinung nur ausnahmsweise als notwendige Kosten des Rechtsstreits anzusehen (OLG München, Beschluss vom 13.08.2018 - 11 W 821/18, juris-Rn. 17 m.w.N.). In aller Regel sind die Kosten für ein im Laufe des Rechtsstreits auf Veranlassung einer Partei erstelltes Privatgutachten nicht erstattungsfähig (OLG München, Beschluss vom 15.10.2020 - 11 W 1457/20, juris-Rn. 11 m.w.N.).

Holt eine Partei ein privates Sachverständigengutachten unmittelbar prozessbezogen ein, wird die Frage, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme als sachdienlich ansehen durfte, in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in den Fällen bejaht, in denen die Partei infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war (BGH, Beschluss vom 12.09.2018 - VII ZB 56/15, juris-Rn. 23), insbesondere der Partei die nötige Sachkunde fehlt, um ihren Anspruch schlüssig zu begründen (OLG München, Beschluss vom 13.08.2018 - 11 W 821/18, juris-Rn. 21). Dazu gehören auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (BGH, Beschluss vom 01.02.2017 - VII ZB 18/14, juris-Rn. 13). Verfügt die Partei über entsprechende Sachkunde, ist die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein prozessbegleitend eingeholtes, privates Sachverständigengutachten nicht deshalb gegeben, weil einem solchen privaten Gutachten im Rahmen des Rechtsstreits ein höheres Gewicht zukäme als sonstigem Parteivortrag; die Kosten für ein Privatgutachten sind daher nicht erstattungsfähig, wenn das Gutachten allein dazu dienen soll, dem eigenen Vortrag mehr Gewicht zu verleihen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.08.2019 - I-2 W 8/19, juris-Rn. 4).

Darüber hinaus ist der Rechtsgedanke des § 96 ZPO zu berücksichtigen: Ergibt ein Gerichtsgutachten ein für die Partei negatives Ergebnis und erzielt diese aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten einen Teilerfolg, so sind ihr gemäß § 96 ZPO die Kosten der Beweisaufnahme durch Einholung des Gerichtsgutachtens im Rahmen der zu treffenden Kostenent...

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