Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Haftung bei Arbeitnehmerüberlassung im Fall behaupteter mangelhafter Leistungen
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag handelt es sich um einen Unterfall des Dienstverschaffungsvertrages, der keinem der im Besonderen Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelten Vertragstypen zuzuordnen ist. In Abgrenzung zum Werkvertrag haftet der Verleiher nicht für einen Erfolg, sondern nur für die sorgfältige Auswahl und Bereitstellung von Arbeitskräften. Der verleihende Unternehmer hat bei einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag auch nicht dafür einzustehen, dass die überlassenen Arbeitnehmer die ihnen von dem entleihenden Unternehmer übertragenen Arbeiten ordnungsgemäß verrichten. Er haftet allerdings dafür, dass die von ihm gestellten Arbeitnehmer für den nach dem Vertrag verfolgten Zweck tauglich und geeignet sind.
Mit dem Einwand, die von der Klägerin überlassenen Mitarbeiter hätten die zur Erfüllung des von der Beklagten übernommenen Auftrags erforderliche Arbeitsleistung zu keiner Zeit erbracht, kann die Beklagte daher nicht gehört werden. Da die Klägerin es - unstreitig - nicht etwa im Rahmen eines Werkvertrages übernommen hatte, den von der Beklagten übernommenen Auftrag, Ware zu verpacken, auszuführen, sondern lediglich der Beklagten Arbeitnehmer zu überlassen hatte, liegt kein Fall der "Nichterfüllung" ihrer vertraglichen Verpflichtung vor, wie die Beklagte meint. Eine etwaige mangelhafte Arbeitsleistung der überlassenen Arbeitnehmer bzw. eine daraus resultierende Pflichtverletzung mit der Folge eines Schadensersatzausspruchs nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Klägerin als Verleiher auch nicht gem. § 278 BGB als Schlechtleistung zuzurechnen, da es sich bei den Arbeitnehmern nicht um ihre Erfüllungsgehilfen gehandelt hat).
Soweit die Beklagte erstinstanzlich aus der behaupteten mangelhaften Arbeitsleistung der überlassenen Arbeitskräfte den Schluss gezogen hat, dass die Klägerin "wohl das Personal fehlerhaft ausgesucht" habe, ist das LG dem zu Recht nicht gefolgt. Denn die Beklagte hat weder erstinstanzlich noch im Rahmen der Berufungsbegründung, mit der dieser Vortrag aufgegriffen wird, hinreichend substantiiert dargelegt, welches der überlassenen Arbeitnehmer nicht über die erforderliche Qualifikation verfügt haben und wie sich dies im Rahmen des Produktionsablaufs konkret gezeigt habe.
Zwar ist der Anwendungsbereich der Untersuchungs- und Rügepflicht gemäß § 377 HGB auf Kauf- oder kaufähnliche Verträge beschränkt. Jedoch kann sich aus § 242 BGB ergeben, dass in angemessener Zeit zu untersuchen und zu rügen ist, ansonsten ein Verlust der Rechte wegen Fehlers der Leistung droht, insbesondere zulasten eines beteiligten Kaufmanns. Die Frage, ob aus diesen Umständen auf ein gemäß § 242 BGB relevantes widersprüchliches Verhalten der Beklagten oder den Verstoß gegen eine der Beklagten obliegende Rücksichtspflicht im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB zu schließen ist, kann im Hinblick auf den unzureichenden Vortrag zur angeblichen Ungeeignetheit der überlassenen Mitarbeiter offen bleiben.
Normenkette
BGB §§ 241-242, 278; HGB § 377
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 08.01.2015; Aktenzeichen 86 O 74/14) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 08.01.2015 - 86 O 74/14 - durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die zulässige Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Denn es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
Zu Recht hat das LG der Klage stattgegeben.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 241 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag der Parteien vom 13.02.2014 einen Anspruch auf Zahlung offener Vergütung für die Überlassung von Arbeitnehmern i.H.v. 12.199,27 EUR.
Unstreitig haben die Parteien am 13.02.2014 einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) geschlossen, wonach die Klägerin der Beklagten ab 17.02.2014 Mitarbeiter zu einem Stundentarif von 15,60 EUR zzgl. Mwst. überlassen sollte. Die Klägerin verfügt - unstreitig - über die gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Die Schriftform ist gewahrt, §§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG, 126 BGB. Zwischen den ...