Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rügepflicht nach § 377 HGB bei Wandelementen für die Verkleidung einer Fassade; Kein Verstoß gegen Treu und Glauben bei berufen auf verspätete Rüge
Leitsatz (amtlich)
Zwar ist die Ware grundsätzlich nur zu untersuchen, soweit dies nach dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang tunlich ist, d.h. die Untersuchung muss aufgrund der Umstände des konkreten Falls dem Käufer objektiv zumutbar sein. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung dürfen im Rahmen der Interessenabwägung zwischen Verkäufer und Käufer nicht überspannt werden, jedoch entbinden Schwierigkeiten der Entdeckung eines Mangels nicht von der Untersuchungspflicht.
Lässt sich die Beschaffenheit der Ware nur durch ihre Verarbeitung erkennen, so ist grundsätzlich eine Probeverarbeitung geboten.
Aber auch dann, wenn man davon ausgeht, dass keine Pflicht zur Untersuchung der Wandelemente unmittelbar nach Ablieferung bestand, hätte spätesten, nachdem mit der Montage der Wandelemente begonnen und sukzessive an den fertig gestellten Seiten die Folie entfernt worden ist, die Ware umgehend untersucht werden müssen.
Normenkette
BGB §§ 242, 433; HGB §§ 343, 377
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 12.12.2014; Aktenzeichen 2 O 231/14) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 12.12.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Bonn - 2 O 231/14 - wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Beschluss richtet.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil des LG Bonn vom 12.12.2014 - 2 O 231/14 - und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des erstinstanzlichen Urteils und dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht geltend.
Der Beklagte bestellte im Februar 2013 bei der E GmbH Alutherm-Wandelemente (Sandwichelemente). Er hatte den Auftrag erhalten, die Fassade eines Betriebsgebäudes in U mit diesem Material zu verkleiden. Die E GmbH erhielt die Wandelemente von dem Hersteller B System GmbH & Co. KG.
Die Auslieferung der Wandelemente erfolgte am 28.3.2013 unmittelbar an die Baustelle. Die E GmbH erteilte dem Beklagten am selben Tag eine Rechnung über brutto 25.436,57 EUR (Anlage K 2, Bl. 13 f. GA). Für am 21.3.2013 gelieferte Schrauben berechnete sie am 27.3.2013 brutto 523,60 EUR (Anlage K 4, Bl. 16 f. GA).
Die Rechnungen enthielten jeweils den Zusatz, dass Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung nur an die Klägerin erfolgen könnten, weil die den Rechnungen zugrunde liegenden Forderungen sowie weitere Forderungen an diese verkauft und abgetreten worden seien.
Gegenstand der Klage sind die beiden genannten Rechnungen, weil der Beklagte eine Zahlung verweigert.
Nachdem der Beklagte mit seinen Mitarbeitern die Wandelemente an die Fassade angebracht hatte, wandte er sich an die E GmbH und rügte Unebenheiten der Fassadenverkleidung. Der Beklagte war von seinem Kunden darauf hingewiesen worden, dass die Fassade kein einheitliches Bild biete. In der Folgezeit ließ der Beklagte durch Dipl.-Ing. S eine gutachterliche Stellungnahme zu Unebenheiten an der Wandbekleidung erstellen. Dieser kam in seiner Ausarbeitung (Bl. 29-55 GA) zu dem Ergebnis, dass die von ihm genommenen Stichproben an mehreren Stellen Überschreitungen der zulässigen Toleranzen, sowohl gemessen an den normativen als auch den strengeren freiwilligen Verpflichtungen, ergeben hätten. Es liege ein produktbedingter Sachmangel vor. Durch die geringen, wenn auch sichtbaren Unebenheiten seien jedoch keine Einschränkungen der Tragsicherheit, der Gebrauchstauglichkeit, der Dauerhaftigkeit oder der bauphysikalischen Eigenschaften zu erwarten.
Nachdem die Klägerin den Beklagten zur Zahlung aufgefordert hatte, teilte dieser ihr mit, er werde die Forderungen nicht bedienen, da er erhebliche Gegenansprüche habe. Das gelieferte Material sei vollständig unbrauchbar. Da eine Korrektur am Haus nicht möglich sei, müsse es entfernt und durch eine Neulieferung ersetzt werden, was Kosten im Bereich von 30.000,- EUR bis 40.000,- EUR verursachen werde.
Die Klägerin hat behauptet, dass sie im Wege des Factoring den Anspruch der E GmbH gegen den Beklagten auf Zahlung des Kaufpreises erworben habe. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, Gegenansprüche zu erheben. Sie hat gemeint, er habe die ihm obliegende Rügepflicht verletzt. Dessen ungeachtet sei er nicht berechtigt, Neulieferung sowie die Kosten des Aus- und Neueinbaus der Wandelemente von ihr zu verlangen. Dem stehe schon der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 25.960,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit d...