Verfahrensgang

AG Jülich (Aktenzeichen 10 F 184/98)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners vom 15. März 1999 und die Beschwerde der Antragstellerin vom 31. März 1999 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Jülich vom 24. Februar 1999 – 10 F 184/98 SO – werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe

Die beiderseitigen Rechtsmittel sind nach den §§ 621 e Abs. 1, Abs. 3, 516 ZPO als befristete Beschwerden zulässig. Der Zulässigkeit der Beschwerden steht insbesondere nicht entgegen, dass die Verfahrensbevollmächtigten der beiden Beteiligten am Oberlandesgericht nicht postulationsfähig sind. Das Verfahren betreffend die elterliche Sorge ist nämlich mit der Abtrennung durch Beschluss des Amtsgerichts vom 10. Februar 1999 gemäß § 623 Abs. 3 Satz 4 ZPO wieder selbständige Familiensache geworden. Hiermit hat die Sorgesache zugleich ihren Charakter als Folgesache verloren. Die genannte Vorschrift bestimmt ausdrücklich, dass die Folgesache mit der Abtrennung als selbständige Familiensache fortgeführt wird. In selbständigen Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO – Sorgesachen – müssen sich jedoch die Beteiligten nur im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof durch Rechtsanwälte vertreten lassen, § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO. Die zu § 628 ZPO ergangene und den im „Zwangsverbund” (§ 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO) zu entscheidenden Versorgungsausgleich betreffende Rechtsprechung des BGH (NJW 1981, 233, 234,; vgl. auch Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 78, Rn. 34) ist zumindest auf Abtrennungen von Folgesachen der § 623 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 ZPO nach dem – seit dem 1. Juli 1998 neu gefassten – § 623 Abs. 2 Satz 2 bis 4 ZPO nicht anzuwenden. Es ist kein Grund ersichtlich, abgetrennte Sorgeverfahren in Bezug auf die anwaltliche Vertretung anders als isoliert eingeleitete und durchgeführte Sorgeverfahren zu behandeln. Auch für isoliert eingeleitete Sorgesachen gilt allerdings, dass sie in Fall der Rechtshängigkeit einer Ehesache zu Folgesachen werden (§§ 621 Abs. 3, 623 Abs. 5 ZPO). Kommt es jedoch danach zur Abtrennung von der Ehesache, erhalten sie ihren Status als selbständige Familiensachen zurück (§ 623 Abs. 3 ZPO). Weswegen sie in diesem Verfahrensstadium hinsichtlich der Vertretung durch Rechtsanwälte anders als vor der Einbeziehung in den Ehescheidungsverbund behandelt werden sollten, ist nicht ersichtlich.

In der Sache selbst bleiben beide Beschwerden ohne Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder der Kindesmutter übertragen und außerdem – konkludent – sowohl deren weitergehenden Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge als auch den Sorgeantrag des Kindesvaters dadurch zurückgewiesen, dass es im Übrigen auf die Aufrechterhaltung der gemeinsamen Sorge erkannt hat.

Nach § 1671 Abs. 1, 2 BGB ist dem Antrag auf Übertragung der Sorge oder eines Teils der Sorge – wenn der andere Elternteil nicht zugestimmt hat – stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Hieran orientiert hat das Amtsgericht zu Recht lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Antragstellerin übertragen, es aber im Übrigen bei der gemeinsamen Sorge belassen.

Eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder an einen Elternteil ist im Streitfall notwendig, weil eine Einigung über den Aufenthalt der Kinder zwischen den beteiligten Elternteilen – wie auch die beiden Verhandlungen vor dem Senat gezeigt haben – nicht möglich ist.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist hier auf die Mutter zu übertragen, bei der die Kinder seit der Trennung der Eltern vor mehr als 2 Jahren leben, weil dies nach Überzeugung des Senats dem Wohl der Kinder am besten entspricht.

Es ist allerdings nicht verkennen, dass – auch nach derzeitigem Stand – Bedenken gegen die Erziehungseignung der Antragstellerin fortbestehen. Nach dem Ergebnis des Gutachtens der Sachverständigen B. vom 20. Dezember 1999 liegt namentlich bei M. eine schwerwiegende Desorientierung bezüglich seiner tragenden emotionalen Beziehung zum Antragsgegner vor, die nach den Feststellungen der Sachverständigen auf der für das Kind irritierenden Einflussnahme durch die Antragstellerin beruht. Sie hat nämlich gegenüber den Kindern den Antragsgegner als bösen und gewalttätigen Menschen dargestellt, obwohl die Kinder offenbar den Vater in ganz anderer Weise erleben. Folge der hieraus insbesondere bei M. entstandenen Irritationen sind massive Verhaltsauffälligkeiten gewesen, die für den Zeitpunkt der Erstuntersuchung durch die Gutachterin auch von Seiten des Kindergartens bestätigt worden sind.

Gleichwohl hält es der Senat – in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der ergänzenden Begutachtung durch die sachverständige B. und mit der Stellungnahme des Vertreters des Jugendamts – für vertretbar, die Kinder weiterhin bei der Kindesmutter zu belassen. Offenbar hat nämlich – als Ergebnis des...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge