Leitsatz (amtlich)

Die Position als künftiger Alleinerbe auf Grund Erbvertrages gibt keinen Rechtsanspruch auf Einsichtnahme in die Abrechnungen und Vermögensaufstellungen des Betreuers in den Betreuungsakten, wenn dies dem ausdrücklichen natürlichen, wenn auch nicht mehr rechtsgeschäftlich relevanten Willen des Betreuten widerspricht.

 

Normenkette

FGG § 34

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 09.05.2003; Aktenzeichen 1 T 168/03)

AG Köln (Aktenzeichen 53 XVII 237/98)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Köln vom 9.5.2003 wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27, 29 FGG), jedoch nicht begründet.

Die Entscheidung des LG ist aus Rechtsgründen, die alleine Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können, nicht zu beanstanden.

Nach den verfahrensfehlerfrei zustande gekommenen tatsächlichen Feststellungen des LG widerspricht die Gewährung von Akteneinsicht an den Antragsteller dem Willen der Betroffenen. Dieser Wille ist zu respektieren mit der Folge, dass das informelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen Vorrang vor Informationsinteressen des Antragstellers als Beteiligten des Betreuungsverfahrens hat, wie das LG eingehend und zutreffend ausgeführt hat.

Soweit der Antragsteller sich mit der Rechtsbeschwerde darauf beruft, dass er aufgrund Erbvertrages Alleinerbe der Betroffenen ist, vermag dies kein irgendwie geartetes Informationsinteresse zu begründen. Sinn und Zweck des Betreuungsverfahrens ist es, einer Betreuten unter größtmöglicher Erhaltung ihrer Autonomie, Hilfestellungen zu geben und notwendige Entscheidungen an ihrem Wohl zu orientieren, aber gerade nicht, ihr Vermögen zu Gunsten eines Erben zu erhalten. Hieraus folgt zugleich, dass auch der sog. natürliche Wille der Betroffenen zu respektieren ist. Dafür, dass sie nicht oder nicht mehr in der Lage ist, diesen zu artikulieren, bestanden bis zu dem allein maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des LG keine Anhaltspunkte. Es betont mit Recht, dass die Einstellung der Betroffenen ggü. dem Antragsteller, die in dem Gespräch mit dem Betreuer vor Einlegung der Erstbeschwerde zum Ausdruck gekommen ist, auf der gleichen Linie liegt, wie diejenige, die dazu geführt hat, dass der Antragsteller nicht zum Betreuer bestellt wurde. Selbst wenn die Betroffene nunmehr selbst ihren natürlichen Willen nicht mehr äußern könnte, wäre jedenfalls ihre Äußerung bei der Anhörung vom 9.3.2001, sie wolle nicht, dass ihr Sohn ihre Angelegenheiten regele, weil sie in der Vergangenheit insoweit schlechte Erfahrungen gemacht habe, bei der Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch zu beachten mit der Folge, dass die gebotene Abwägung auch für diesen Fall zu Gunsten ihres informellen Selbstbestimmungsrechts ausfallen müsste. Konkrete Tatsachen dafür, dass die Betroffenen ihre Einstellung zu ihrem Sohn inzwischen geändert hat, werden i.Ü. auch mit der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt. Vielmehr gibt der Antragsteller an Stelle von Fakten letztlich nur eine bloße Einschätzung zu ihrem mutmaßlichen Willen wieder.

Da kein Fall des § 131 Abs. 3 KostO vorliegt, sondern der Antragsteller zum Ausdruck bringt, dass er die weitere Beschwerde auch im eigenen Interesse, nämlich als Vertragserbe der Betroffenen eingelegt hat, mithin Gerichtsgebühren anfallen, bedurfte es einer Festsetzung des Geschäftswertes, und zwar mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in Höhe des Regelwertes von 3.000 Euro des § 30 Abs. 1 S. 1 KostO. Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten gem. § 13a Abs. 1 S. 2 FGG ist mangels Beteiligung sonstiger Beteiligter im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht veranlasst.

Dr. Schuschke Appel-Hamm Jennissen

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107562

FamRZ 2004, 1124

OLGR Köln 2004, 24

JWO-FamR 2004, 49

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge