Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsangebot, culpa in contrahendo
Leitsatz (amtlich)
Durch die Abgabe eines bindenden Vertragsangebotes entsteht ist ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis mit beiderseitigen Sorgfaltspflichten (§ 311 Abs. 2 BGB), dessen Verletzung eine Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) begründet. Rückt der Offerent von dem Angebot ohne berechtigten Grund ab, so haftet er dem Angebotsempfänger auf Ersatz des positiven Interesses. Da er mit der Abgabe des Angebotes eine privatautonome Willenserklärung abgegeben hat, besteht kein Grund, den Anspruch auf das negative Interesse zu beschränken.
Normenkette
BGB § § 145 ff., §§ 280, 311 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 14.11.2013; Aktenzeichen 91 O 121/11) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 14.11.2013 (91 O 121/11) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensansprüche geltend, deren Höhe sie mit 91.297,44 EUR beziffert. Ihrem Begehren legt die Klägerin zugrunde, dass die Beklagte - unstreitig - von einem mit einer Bindungsfrist versehenen Angebot zur Fertigung von Betonfertigteilen vor Fristablauf zurückgetreten war.
Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Grundurteil vom 14.11.2013 die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und die Ermittlung der Schadenshöhe dem Betragsverfahren vorbehalten. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingereichte Berufung der Beklagten, deren Ziel die Abweisung der Klage ist.
Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, ihr Angebot sei nicht mehr bindend gewesen, weil die Klägerin eine Woche vor Weihnachten 2010 gegenüber den Angebotspreisen niedrigere Preise verlangt und auf diese Weise das Angebot abgelehnt habe. Zudem stehe nicht fest, dass die Klägerin auf der Grundlage ihres eigenen Angebotes den erhofften Auftrag der Freizeitpark M erhalten hätte. Jedenfalls treffe die Klägerin ein Mitverschulden, da sie nicht auf andere Angebote zurückgegriffen habe. Schließlich sei der Klägerin kein ersatzfähiger Schaden entstanden; das tatsächlich ausgeführte Leistungsvolumen sei deutlich geringer gewesen als im Angebot der Klägerin vorgesehen.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung.
II. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 18.6.2014 verwiesen. Dort hat des Senat ausgeführt:
"Zu Recht hat das LG festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin dem Grunde nach gem. § 311 Abs. 2 i.V.m. § 280 BGB auf Schadensersatz haftet (§ 304 ZPO).
1. Der mit Schreiben vom 22.12.2010 (Anlage K 2 - Bl. 2 AH) erklärte "Rücktritt" von dem Angebot vom 13.12.2010 (Anlage K 1 - Bl. 1 AH) stellt eine gegenüber der Klägerin relevante Verletzung vorvertraglicher Pflichten dar.
Die Beklagte hatte in diesem Angebot ausdrücklich erklärt, sich bis zum 31.1.2011 an das Angebot zu binden (Ziff. 11. der Kalkulationsgrundlagen zum Angebot - Bl. 6 AH). Durch diese Bindung ist - wie das LG zutreffend dargelegt hat - ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis mit beiderseitigen Sorgfaltspflichten entstanden, deren Verletzung eine Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss begründet (BGH NZBau 2006, 390 = WM 2006, 247; Staudinger/Bork, BGB, Neubearbeitung 2010, § 145 Rz. 25 und 36; Busche in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 145 Rz. 20; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 145 Rz. 3; für das Vorliegen einer positiven Vertragsverletzung: RGZ 104, 275, 278).
Durch die alsbald nach Abgabe erfolgende Rücknahme des Angebots bzw. den insoweit erklärten Rücktritt hat die Beklagte die in ihrem Angebot selbst festgelegte Bindung missachtet und sich hiervon losgesagt.
Diese Lossagung war der Beklagten nicht vorbehalten gewesen.
Die Bindungswirkung des Angebots war auch nicht aus in der Person der Klägerin als Angebotsempfängerin liegenden Gründen entfallen und der "Rücktritt" der Beklagten von diesem Angebot nicht gerechtfertigt gewesen. Soweit sich die Beklagte in dem Zusammenhang darauf berufen hat, die Klägerin habe eine Woche vor Weihnachten 2010 ihr Angebot durch das Fordern niedriger Preise abgelehnt, hat das LG dieses Vorbringen zu Recht für substanzlos und damit für prozessual unerheblich gehalten. Der Vortrag der Berufungsbegründung geht hierüber nicht hinaus. Auch er enthält keine hinreichenden, nachprüfbaren Angaben zu den näheren Umständen einer solchen Vorgehensweise d...