Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz wegen Submissionsabsprachen.
Normenkette
BGB; c.i.c.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.07.2003; Aktenzeichen 2-6 O 431/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 23.7.2003 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Submissionsabsprachen.
Die Beklagte ist ein Straßenmarkierungsunternehmen. Bei der Vergabe von Straßenmarkierungsaufträgen kam es in der Vergangenheit zu umfangreichen Preisabsprachen, an denen die Beklagte beteiligt war.
Mit rechtskräftigem Bußgeldbeschluss des BKartA vom 21.3.1996 wurde gegen die Beklagte (dort Betroffene zu 5.) ein Bußgeld wegen einer wettbewerbswidrigen Absprache anlässlich einer Ausschreibung des Autobahnamtes O1 über 16 Lose im Jahr 1991 verhängt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bußgeldbescheid (Anl. K 1 zur Klageschrift) Bezug genommen.
Zu Los 8 (O2) hatte die Beklagte ein Angebot über rund 188.000 DM abgegeben und hierauf den Zuschlag erhalten (Anl. K 4). Auf die Leistungsbeschreibung vom Dezember 1990 und das Angebot der Beklagten vom 21.1.1991 wird verwiesen (Anl. K 2 und K 3 zur Klageschrift).
Die Leistungen wurden erbracht und der Klägerin mit insgesamt 131.356,44 DM in Rechnung gestellt.
Bestandteil des Rahmenvertrages waren die zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau, Ausgabe 1988 (ZVB-StB 88), deren Ziff. 31. lautet:
Wettbewerbsbeschränkungen (zu § 8 Nr. 4)
31.1 Wenn der Auftragnehmer aus Anlass der Vergabe nachweislich eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt, hat er 3 v.H. der Auftragssumme an den Auftraggeber zu zahlen, es sei denn, dass ein Schaden in anderer Höhe nachgewiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ZVB-StB 88 (Anl. K 5) Bezug genommen.
Auf Anforderung der Klägerin hat die Beklagte nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides eine Schadenspauschale von 3 % bezogen auf den Auftrag zu Los 8 i.H.v. 6.027,52 DM gezahlt.
Mit der am 24.4.2002 eingereichten und am 6.5.2002 zugestellten Teil-Klage verlangt die Klägerin Ersatz eines ihr darüber hinaus entstandenen Schadens. Zu dessen Nachweis hat sie sich zunächst auf eine Nachkalkulation bezogen, mit der sie für einzelne Positionen des Auftrags zu Los 8 i.H.v. ca. 82 % der abgerechneten Auftragssumme die vermeintlich bei einer ordnungsgemäßen Kalkulation im Rahmen eines vorhandenen freien Wettbewerbs entstandenen Kosten zu ermitteln versucht hat (Anl. K 6 zur Klageschrift). Für die Richtigkeit der Nachkalkulation hat sie sich auf Sachverständigengutachten berufen.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Schadensberechnung als unschlüssig gerügt. Sie hat ihrerseits auf eine Strukturkostenanalyse im Bereich Fahrbahnmarkierungsarbeiten vom 7.1.2000 der A-GmbH verwiesen (Anl. B 1) und gemeint, diese sei die einzige wissenschaftliche Bezugsgröße, die einer "Nach-Kalkulation" zugrunde gelegt werden könne.
Im Verhandlungstermin vom 15.1.2003 vor dem LG haben die Parteien sich damit einverstanden erklärt, dass die A - Studie zur Grundlage eines hypothetischen Wettbewerbspreises genommen wird (Bl. 170 d.A.).
Die Klägerin hat vorgetragen, aus der Gegenüberstellung der Preise der Beklagten und der Preise, die schätzungsweise bei freiem Wettbewerb zustande gekommen wären, errechne sich - unter Abzug von 3 % der bereits geleisteten Schadenspauschale - ein Schadensersatzbetrag von 11.380,96 EUR.
Die Beklagte hat vorgetragen, unter Zugrundelegung des Berichts von A ergebe sich, dass sie, die Beklagte, bei dem Auftrag einen Verlust erwirtschaftet habe. Bei der Berechnung des Marktpreises nach A müsse ein Unternehmergewinn hinzugerechnet werden.
Das LG hat die Beklagte mit Urteil vom 23.7.2003 zur Zahlung von 4.913,71 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Klageabweisung.
Sie rügt, der Anspruch sei zu Unrecht auf culpa in contrahendo gestützt worden. Das LG habe keinen weiteren Schadensersatz über die bereits gezahlte Pauschale hinaus zusprechen dürfen. Zu Unrecht habe es Verjährung verneint und ein ganz erhebliches Mitverschulden der Klägerin im Rahmen der Auftragsausschreibung unberücksichtigt gelassen. Die vom LG vorgenommene Umrechnung sei falsch. Die Daten der A-Studie hätten unter Einbeziehung eines Firmengewinns auf die tatsächlichen Verhältnisse umgerechnet werden müssen. Das LG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass bei breiterer Strichbreite nur die Materialkosten stiegen.
Die Beklagte beantragt, die Klage unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt...