Verfahrensgang

StA Köln (Aktenzeichen 173 Js 1109/99)

 

Tenor

Dem Pflichtverteidiger wird eine Pauschalvergütung in Höhe des Betrages der Regelgebühren zzgl. 400,00 DM (vierhundert Deutsche Mark) bewilligt.

 

Tatbestand

I.

Gegen den früheren Angeklagten war je gesondert unter dem 4. Dezember 1998 Anklage wegen 271 Fällen des Diebstahls und eines Falles der Sachbeschädigung sowie unter dem 16. August 1999 wegen räuberischer Erpressung zum Jugendschöffengericht Köln erhoben worden. Dieses hat in beiden Verfahren unter getrennten Aktenzeichen Termin zur Hauptverhandlung für den 8. Dezember 1999 auf die selbe Terminsstunde bestimmt. Erst nach Aufruf der beiden Sachen sind die Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. In einem weiteren Hauptverhandlungstermin vom 15. Dezember 1999 ist der Angeklagte verurteilt worden.

Mit Pflichtverteidigerliquidation vom 16. Dezember 1999 hat der Pflichtverteidiger für die Verteidigung im ersten Rechtszug einen Betrag von 1.325,00 DM geltend gemacht. Festgesetzt worden sind mit Beschluss vom 17. Januar 2000 insoweit nur 825,00 DM mit der Begründung, dass am ersten Hauptverhandlungstag die beiden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung miteinander verbunden worden seien und daher der Pflichtverteidiger nur eine Gebühr in Höhe von 500,00 DM nach §§ 97, 83 BRAGO verlangen könne. Der hiergegen eingelegten Erinnerung hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 11. Oktober 2000 „nicht abgeholfen”. Eine hiergegen gerichteten Beschwerde des Pflichtverteidigers ist durch Beschluss des Landgerichts Köln (4. große Strafkammer – 1. Jugendkammer) vom 16. November 2000 verworfen worden. Einer Gegenvorstellung des Pflichtverteidigers, wonach diese Entscheidung nicht der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln entspreche, ist u. a. mit der Begründung nicht stattgegeben worden, eine Bindungswirkung der Strafkammer an eine entsprechende Entscheidung des Senats bestehe nicht.

Unter dem 27. April 2001 hat daraufhin der Pflichtverteidiger beantragt, nach § 99 BRAGO eine „weitere Gebühr” in Höhe von 500,00 DM zzgl. Umsatzsteuer festzusetzen und damit einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Entscheidung der Beschwerdestrafkammer des Landgerichts bzgl. der Gebühren für die Hauptverhandlung vom 8. Dezember 1999 – die nicht mehr anfechtbar ist – nicht der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln entspreche und damit ihn, den Pflichtverteidiger, um den nicht festgesetzten Betrag in Höhe von 500,00 DM benachteilige.

Der Vertreter der Staatskasse hat angeregt, diesem Antrag zu entsprechen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Der Antrag auf Bewilligung einer über die gesetzlichen Gebühren hinausgehenden Pauschvergütung (§ 99 Abs. 1 BRAGO) ist nur im Ergebnis teilweise begründet.

Die begehrte Erhöhung der Vergütung um weitere 500,00 DM kommt nach § 99 Abs. 1 BRAGO nicht schon deswegen in Betracht, weil die Kürzung der angemeldeten Gebühren für die Hauptverhandlung vom 8. Dezember 1999 um 500,00 DM gemäß der Beschwerdeentscheidung der Jugendkammer vom 16. November 2000 nicht der Rechtssprechung des Senats entspricht.

a) Allerdings hält der Senat die Kostenfestsetzung vom 17. Januar 2000 bzw. die Beschwerdeentscheidung vom 16. November 2000 in der Tat für unzutreffend. Sie entspricht nicht der Rechtsprechung des OLG Köln (vgl. Beschluss vom 2. Februar 2000, 2 Ws 53/00), wie sie inzwischen wohl auch Eingang in die sonstige Rechtsprechung des Landgerichts Köln gefunden hat.

Für die Hauptverhandlung am 8. Dezember 2000 wären in jedem der beiden bei Aufruf der Sache noch nicht verbundenen Verfahren je 500,00 DM gemäß §§ 83, 97 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BRAGO anzusetzen gewesen.

Der Senat ist in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum der Meinung, dass die einzelnen Strafverfahren bis zur Verbindung selbstständig bleiben und auch die Anberaumung der Hauptverhandlung auf den gleichen Termin noch nicht die Verbindung bedeutet; der Verteidiger erhält je getrennt für jede Hauptverhandlung die Gebühr nach § 83 BRAGO, wenn erst in der Hauptverhandlung nach Aufruf der Sache ein Verbindungsbeschluss ergeht (vgl. OLG Bremen, MDR 75, 514; OLG Düsseldorf, Anw. Bl. 71, 24; LG Krefeld, Anw. Bl. 74, 399; AG Köln, Anw. Bl. 70, 111; Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl., § 83 BRAGO Rnr. 9; von Eicken pp./Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 83 Rnr. 21; Schumann-Geißinger, BRAGO, 2. Aufl., § 83 Rnr. 41; Schmidt MDR 69, 241). Entgegenstehender vereinzelter Rechtsprechung kann nicht gefolgt werden. Entscheidend ist nämlich – und insoweit kann eine nachträgliche Verfahrensverbindung erst in der Hauptverhandlung keine gebührenrechtlichen Folgen mehr haben –, dass die Hauptverhandlung mit dem Aufruf der Sache (§ 243 Abs. 1 StPO) beginnt und dass die volle Gebühr nach § 83 Abs. 1 BRAGO verdient ist, sobald dieser Aufruf in der Gegenwart des Verteidigers stattgefunden hat (Hartmann, a. a. O. Rnr. 7; Riedel-Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 7. Aufl., § 83 Rnr. 8).

Nichts anderes gilt auch für...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?