Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Änderung der Sorgerechts- und Umgangsregelung bei schwerst pflegebedürftigem - bei Pflegeeltern lebenden - Kind
Leitsatz (redaktionell)
1. Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater, nach dem der allein sorgeberechtigten Mutter des bei Pflegeeltern lebenden Kindes das Sorgerecht entzogen wurde
2. Aufrechterhaltung eines nur eingeschränkten (begleiteten) Umgangsrechts des Vaters zum Wohle des Kindes
Normenkette
BGB §§ 1680, 1684
Verfahrensgang
AG Aachen (Beschluss vom 04.07.2007; Aktenzeichen 27 F 409/04) |
Tatbestand
Der Antragsteller ist der leibliche Vater des inzwischen sechs Jahre alten Kindes E T. Er war mit der Kindesmutter nicht verheiratet. Nach E's Geburt stand die elterliche Sorge zunächst der Kindesmutter alleine zu. Zu einer Erklärung der Kindesmutter und des Antragstellers über ein gemeinsames Sorgerecht ist es zu keinem Zeitpunkt gekommen.
E wies nach der Geburt schwerste körperliche Fehlbildungen auf, die einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus über viele Monate erforderten. Nachdem die Kindesmutter sich um das Kind nicht gekümmert hatte, wurde ihr durch Beschl. v. 3.6.2002 - AG Aachen/27 F 163/02 - die elterliche Sorge entzogen und auf das Jugendamt der Stadt B übertragen. Auf Veranlassung des Jugendamts wurde das Kind in einer Pflegefamilie untergebracht, in der sich E seit Anfang 2003 befindet. Die Pflegemutter ist ausgebildete Kinderkrankenschwester und gewährleistet die bei E erforderliche Pflege.
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller erneut beantragt, ihm die elterliche Sorge über E zu übertragen. Er hat darauf hingewiesen, er sei aufgrund medizinischer Weiterbildungen in der Lage, seinen Sohn selbst zu versorgen, wobei er zur Zeit nicht beabsichtige, den Sohn aus dem Haushalt der Pflegeeltern zu nehmen, da ein plötzlicher Wechsel des Aufenthalts dem Kinde schaden könne. Ferner hat er eine Änderung und Erweiterung der Umgangskontakte zu E begehrt. In einem am 7.9.2005 geschlossenen Vergleich war ein begleitetes Umgangsrecht für eine Stunde einmal im Monat vereinbart worden. Mit der Begründung, ein weiterer begleiteter Kontakt sei ihm nicht mehr zumutbar, hat der Antragsteller einen unbegleiteten Umgang mit dem Sohn beantragt.
Das AG hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht dient (§ 1680 Abs. 2 S. 2 u. 3 BGB). Darüber hinaus ist auch eine Erweiterung des Umgangsrechts zur Zeit mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar, so dass es vorerst bei den angeordneten Einschränkungen (§ 1684 Abs. 4 BGB) verbleiben muss.
Das AG hat das Begehren des Antragstellers unter Hinweis auf die Feststellungen der Sachverständigen in deren Gutachten vom 22.2.2007 zurückgewiesen. Die Sachverständige war zu dem Ergebnis gekommen, dass weder eine Übertragung des Sorgerechts auf den Antragsteller noch eine Erweiterung des Umgangsrechts mit dem Kindeswohl vereinbar sei. Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde Einwendungen gegen das Gutachten erhoben hat, ist der Senat dem durch die Einholung eines Ergänzungsgutachtens nachgegangen. Aufgrund der ergänzenden Feststellungen der Sachverständigen ist weiterhin von der Richtigkeit der Feststellungen im Ausgangsgutachten auszugehen, so dass es bei der Entscheidung des AG verbleiben muss.
Die Sachverständige hat sich mit den in der Beschwerde erhobenen Einwendungen des Antragstellers auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Änderung der zur Zeit bestehenden Sorgerechts- und Umgangsregelung mit dem Kindeswohl nicht vereinbar sei. Danach widerspricht es aus psychologischer Sicht dem körperlichen, geistigen und seelischen Wohl sowie einer gedeihlichen Entwicklung von E, wenn seinem Vater die alleinige elterliche Sorge übertragen wird. Nach den Feststellungen der Sachverständigen liegen auf Seiten des Vaters Bedingungen vor, die es ihm schwer machen, sich mit den Menschen, die für E Sorge tragen, auseinanderzusetzen. Damit fehle beim Vater eine wesentliche Grundlage, die Situation des Sohnes angemessen einzuschätzen und in die weitere Beziehungsentwicklung zu ihm einzubeziehen, so dass eine ausreichende Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Pflegeeltern von E nicht vorhanden sei. Diese sei jedoch zur Ausübung der elterlichen Sorge erforderlich; denn die Situation zwischen dem Antragsteller und den Pflegeeltern sei sehr angespannt und von wechselseitigem Misstrauen geprägt.
Soweit der Antragsteller sich damit einverstanden erklärt hat, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht gegebenenfalls auf das Jugendamt übertragen werde, ändert dies nichts an der Einschätzung der Sachverständigen. Zwar könne durch eine entsprechende Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sichergestellt werden, dass E in der Pflegefamilie verbleibe, die Unsicherheiten, die ...