Leitsatz (amtlich)
"Eine Anteilsgewährungspflicht besteht grundsätzlich auch bei einer Verschmelzung beteiligungsidentischer Schwestergesellschaften eines einzelnen Gesellschafters. Für den Verzicht auf die Anteilsgewährung nach § 54 Abs. 1 S. 3 UmwG reicht es in diesem Fall jedoch aus, wenn dieser sich konkludent aus dem Verschmelzungsvertrag ergibt."
Normenkette
UmwG § 54
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln - Registergericht - vom 9. Oktober 2019, Az. HR B 62710, aufgehoben.
2. Das Registergericht wird angewiesen, die Eintragung gemäß der Anmeldung vom 21. August 2019 des Notars Dr. A - UR Nr. 2xx9/2019 - vorzunehmen.
Gründe
I. Am 21.08.2019 schloss die Beteiligte zu 1. als übertragende Gesellschaft einen Verschmelzungsvertrag mit ihrer Schwestergesellschaft, der Beteiligten zu 3., als übernehmender Gesellschaft auf Grundlage der Bilanz zum 31.12.2018. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer beider Gesellschaften ist der Beteiligte zu 2. Unter "III." heißt es im Verschmelzungsvertrag:
"Die Verschmelzung erfolgt, ohne dass neue Geschäftsanteile an der übernehmenden Gesellschaft gebildet und dem Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft gewährt werden."
Auch eine weitere Anteilsgewährung sieht der Vertrag nicht vor.
Am 27.08.2019 ging die Anmeldung der Verschmelzung bei Gericht ein. Am 05.09.2019 erstellte der anmeldende Notar eine notarielle Eigenurkunde, wonach die Nichtgewährung von Anteilen im Verschmelzungsvertrag als Verzicht auf Anteilsgewährung durch den Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft zu verstehen sei.
Mit Beschluss vom 09.10.2019 (Bl. 41 d. A.) hat das Amtsgericht Köln den Antrag auf Eintragung der Verschmelzung kostenpflichtig zurückgewiesen. Die angemeldete Verschmelzung sei nicht eintragungsfähig, da der Verschmelzungsvertrag wegen eines Verstoßes gegen die Anteilsgewährungspflicht nichtig sei. Der Vertrag enthalte auch weder ausdrücklich noch konkludent eine Verzichtserklärung des Gesellschafters der übertragenden Gesellschaft. Dieser Mangel des Vertrages führe zu dessen Nichtigkeit und nicht bloß zur Anfechtbarkeit und sei deshalb nicht heilbar. Auch eine Neuvornahme des Vertrages sei wegen Versäumnis der Frist aus § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG nicht mehr möglich.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 22.10.2019 Beschwerde eingelegt (Bl. 47 d. A). Bei beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften bestehe bereits von vorneherein keine Pflicht zur Anteilsgewährung. Durch die Erklärung unter "III." im Verschmelzungsvertrag habe der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft auf die Anteilsgewährung außerdem wirksam verzichtet. Wegen der Personenidentität könne es trotz fehlender ausdrückliche Erklärung nicht zu Unsicherheiten für den Rechtsverkehr kommen, sodass eine ausdrückliche Erklärung jedenfalls hier nicht erforderlich sei. Selbst wenn eine ausdrückliche Verzichtserklärung erforderlich sei, führe deren Fehlen nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit des Verschmelzungsvertrags. Die Anteilsgewährung sei kein unverzichtbarer Vertragsbestandteil, insoweit sei § 5 Abs. 2 UmwG analog anzuwenden, wenn von § 54 Abs. 1 S. 3 UmwG Gebrauch gemacht worden ist. Somit könne die Erklärung formgerecht nachgeholt werden, die fristgerechte Anmeldung der Verschmelzung sei insoweit ausreichend zur Wahrung der Acht-Monats-Frist nach § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG.
Am 07.11.2019 hat das Amtsgericht Köln beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorzulegen (Bl. 71 d. A.). Die Beschwerde führe nicht zu einer anderen Beurteilung, da sie insbesondere nicht zwischen den Erklärungen der Anteilsinhaber und der Gesellschaften als Parteien des Verschmelzungsvertrages unterscheide. Die Formulierung unter "III." des Verschmelzungsvertrages lasse offen, aus welchem Grund keine Anteilsgewährung erfolgt und könne daher nicht als konkludenter Verzicht ausgelegt werden. Die Anteilsgewährung sei sehr wohl unverzichtbarer Vertragsbestandteil, sodass deren Fehlen bzw. das Fehlen einer Verzichtserklärung zur Nichtigkeit und nicht bloß zur Anfechtbarkeit des Vertrages führe. Dabei könne insbesondere nicht danach unterschieden werden, ob eine Gesellschaft mehrere oder nur einen Anteilseigner hat.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Verschmelzung ist eintragungsfähig. Der notarielle Verschmelzungsvertrag vom 21.08.2019 ist wirksam und weder nichtig noch anfechtbar. Insbesondere ist der Vertrag nicht wegen fehlender Angaben zur Anteilsgewährung nichtig, § 5 Abs. 1 Nr. 2-5 UmwG. Angaben zur Anteilsgewährung sind nicht erforderlich, wenn der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft wirksam auf die Anteilsgewährung verzichtet hat, § 54 Abs. 1 S. 3 UmwG (vgl. Heidinger, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2019, UmwG § 5 Rn. 36). Dies ist entgegen der vom Handelsgericht vertretenen Auffassung hier der Fall.
1. Es besteht grundsätzlich eine Anteilsgewährungspflicht. Bei der Ve...