Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge (Aufenthaltsbestimmungsrecht); Verfahrensbeistand
Leitsatz (amtlich)
1. Streiten sich die Eltern um das Aufenthaltsbestimmungsrecht, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Interesse des Kindes zumindest zu dem Interesse eines seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht, so dass in aller Regel gem. § 158 II Nr. 1 FamFG unverzüglich ein Verfahrensbeistand zu bestellen ist, auch wenn das Kind gerade 3 Jahre alt ist.
2. In geeigneten Fällen sollte bereits der Verfahrensbeistand mit dem Ziel bestellt werden, am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den zukünftigen Aufenthalt des Kindes mitzuwirken. Das Interesse des Kindes wird häufig dahin gehen, zu beiden Eltern eine tragfähige Bindung aufrechtzuerhalten, so dass längere Trennungen jeweils vermieden werden sollten. Dies muss den Eltern so früh wie möglich verdeutlicht werden.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2; FamFG § 158 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Heinsberg (Aktenzeichen 31 F 46/12) |
Tenor
1. Dem Kind F. H. wird Frau G. O. als berufsmäßiger Verfahrensbeistand gem. § 158 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt.
2. Der Verfahrenswert wird gem. § 45 Nr. 1 FamGKG auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Bestellung des Verfahrensbeistands beruht auf § 158 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, wobei die Ausübung berufsmäßig erfolgt (§ 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG).
Da die Interessen der Eltern zu der Frage, wo sich ihr gemeinsames Kind nach der Trennung gewöhnlich aufhalten soll, völlig gegensätzlich sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Interesse des Kindes zumindest zu dem Interesse eines seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht.
Dass der Wille sowie Neigungen, Bindungen und Interessen der über 3 Jahre alten F. - außer am Rande durch den Sachvortrag der Verfahrensbevollmächtigten und indirekt durch die Anhörung der Eltern in der mündlichen Verhandlung - in irgendeiner Weise in das Verfahren eingeführt und berücksichtigt worden sind, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Der Senat hat deshalb zunächst gem. § 158 Abs. 2 Nr. 1 FamFG einen Verfahrensbeistand bestellt, um die Neigungen, Bindungen und den Willen des Kindes in das Verfahren einzuführen. Dieser soll gem. § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG auch Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes wie den Großeltern, den Erzieherinnen im Kindergarten in T., der Patentante, ggf. dem Lebensgefährten der Mutter usw. führen. Schließlich soll der Verfahrensbeistand die Chancen einer einvernehmlichen Lösung des Elternkonflikts ausloten und ggf. an einer solchen mitwirken. Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich die Eltern über eine Form des Aufenthaltes ihres Kindes einigen können, die jenem einen häufigen Wechsel zwischen den Aufenthaltsorten von Vater und Mutter ermöglicht, so dass beide sowohl in der Woche als auch am Wochenende das Kind betreuen und erziehen können.
Der Senat geht davon aus, dass sich der Aussetzungsantrag in der Beschwerde vom 12.3.2012 erledigt hat, nachdem das Kind offenbar am 16.3. in den Haushalt des Vaters zurückgegeben worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2969776 |
FamRZ 2013, 46 |
FF 2012, 334 |
FamRB 2012, 214 |