Leitsatz (amtlich)
1. Die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB, dass demjenigen, für den im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das Recht auch zusteht, gilt auch für das Grundbuchamt. Ein eingetragenes Recht ist deshalb als bestehend und der eingetragene Berechtigte als der verfügungsberechtigter Inhaber des Rechts anzusehen, solange diese Vermutung nicht durch den vollen Beweis ihres Gegenteils widerlegt ist.
2. Ein Eintragungsantrag kann nur dann mit der Begründung abgelehnt werden, das Grundbuchamt dürfe nicht sehenden Auges an einem gutgläubigen Rechtserwerb mitwirken, wenn die Vermutung des § 891 BGB widerlegt ist und feststeht, dass das Grundbuch unrichtig ist. Auch die erwiesene Grundbuchunrichtigkeit steht der Eintragung aber nicht entgegen, wenn ein gutgläubiger Erwerb wegen eines eingetragenen Widerspruchs gem. § 892 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ausgeschlossen ist.
3. Der gute Glaube des Erwerbers i.S.d. § 892 Abs. 1 BGB muss grundsätzlich noch bei Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen. Die Eintragung eines Widerspruchs hindert einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB deshalb auch dann, wenn sie zwar nach Eingang des Eintragungsantrages, aber noch vor Eintragung der Rechtsänderung erfolgt; § 892 Abs. 2 BGB ist insoweit nicht entsprechend anwendbar.
Normenkette
BGB § 891 Abs. 1, § 892
Verfahrensgang
AG Bergisch Gladbach (Beschluss vom 10.01.2013; Aktenzeichen GL-1497-23) |
Tenor
Der Beschluss des AG - Grundbuchamts - Bergisch Gladbach vom 10.1.2013 - GL-1479-23 - wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, nach Maßgabe der Eintragungsanträge vom 30.11.2012 und 3.12.2012 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3. und 4, zwei Briefgrundschulden zugunsten der Beteiligten zu 6. sowie eine Buchgrundschuld zugunsten der Beteiligten zu 5. im Grundbuch eintragen.
Gründe
I. Im Grundbuch des AG Bergisch Gladbach von Gladbach war als Eigentümerin des im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes seit dem Jahre 1974 Frau Petronella Rehbach, geb. Müller, eingetragen. Nach dem Tod der bisherigen Eigentümerin wurde am 23.1.2012 im Wege der Berichtigung ihr am 2.8.1944 geborener Erbe (und Vater des Beteiligten zu 2.), Herr Hans Walter Rehbach, als Eigentümer eingetragen. Über das Vermögen des Herrn Hans Walter Rehbach war bereits durch Beschluss des AG Flensburg vom 1.11.2001 (56 IN 161/01) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Eine Eintragung dieser Verfügungsbeschränkung in das Grundbuch erfolgte nicht.
Mit notariellem Vertrag vom 20.7.2012 (UR-Nr. 1068/2012 M des Notars Dr. Mödl in Bergisch Gladbach, Abschr. Bl. 149 ff. d.A.) übertrug Herr Hans Walter Rehbach das Eigentum an den vorbezeichneten Grundbesitz auf den Beteiligten zu 2. Der Eigentumsübergang wurde am 5.9.2012 in das Grundbuch eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 29.10.2012 (Bl. 159 ff. d.A.) beantragte die Nord-Ostsee-Sparkasse in Flensburg, gem. § 899 BGB einen Widerspruch gegen die Eintragung des Beteiligten zu 2. als Eigentümer einzutragen, sowie das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass Herr Hans Walter Rehbach wieder als Eigentümer eingetragen wird. Dieser sei nämlich infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen nicht befugt gewesen, das Eigentum auf den Beteiligten zu 2. zu übertragen. Das Grundbuchamt hat diesen Antrag durch Beschluss des Grundbuchamts vom 31.10.2012 (Bl. 172 d.A.) zurückgewiesen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die beantragten Eintragungen nicht vorlägen.
Mit Vertrag vom 29.11.2012 (UR-Nr. 1812/2012 M des Notars Dr. Mödl in Bergisch Gladbach, Abschr. Bl. 177 ff. d.A.) verkaufte der Beteiligte zu 2. den oben näher bezeichneten Grundbesitz zu jeweils 1/2-Anteil an die Beteiligten zu 3. und 4. und bewilligte zur Sicherung des Eigentumsübertragungsanspruchs die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu deren Gunsten. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Dr. Mödl vom 30.11.2012 (Bl. 176) beantragten die Beteiligten zu 2. - 4. die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch.
Im Rahmen der Kaufpreisfinanzierung durch die Beteiligten zu 3. und 4. bewilligte der Beteiligte zu 2. mit notariellen Urkunden jeweils vom 29.11.2012 (UR-Nr. 1813/2012 M, 1814/2012 M und 1815/2012 M des Notars Dr. Mödl in Bergisch Gladbach, Ausfert. Bl. 193 ff., 201 ff., 208 ff. d.A.) die Eintragung zweier Briefgrundschulden über 154.000 EUR nebst Zinsen und 28.000 EUR für die Beteiligte zu 6. sowie einer Buchgrundschuld über 72.000 EUR nebst Zinsen für die Beteiligte zu 5. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Dr. Mödl vom 3.12.2012 (Bl. 191 f. d.A.) beantragten die Beteiligten zu 2. - 6. die Eintragung der Grundschulden in das Grundbuch.
Das AG - Grundbuchamt - Bergisch Gladbach hat die vorbezeichneten Eintragungsanträge mit Beschluss vom 10.1.2013 (Bl. 216 ff. d.A.) zurückgewiesen. Der damalige Veräußerer Hans Walter Rehbach sei bei der Veräußerung des Grundstücks an den Beteiligten zu 2. nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen (§ 80 I...