Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. vom 20.03.2023 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kerpen vom 22.02.2023 (155 F 132/22) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:
1. Den Kindeseltern wird die elterliche Sorge für das Kind F. O., geboren am 05.10.2022, in den Teilbereichen Gesundheitsfürsorge, Antragstellung nach dem SGB VIII, SGB IX und SGB XII einschließlich der Beantragung von Pflegegeld und des Rechts zur Regelung sämtlicher Behördenangelegenheiten entzogen und insoweit Ergänzungspflegschaft durch die berufsmäßig tätige Ergänzungspflegerin Frau Dipl. Psych. U. J. angeordnet.
2. Es wird angeordnet, dass das Kind F. O., geboren am 05.10.2022, bis zum 18.06.2025 im Haushalt einer Pflegefamilie verbleibt.
3. Gerichtskosten werden nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
4. Der Verfahrenswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
II. Die weitergehende Beschwerde der Kindeseltern wird zurückgewiesen.
III. Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1. (im Folgenden: Kindesmutter) und der Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Kindesvater) sind die seit dem 29.07.2021 miteinander verheirateten Eltern des verfahrensbetroffenen Kindes F. O., geboren am 05.10.2022. Sie haben ein weiteres gemeinsames Kind, N., geboren am 05.04.2021, und die Beteiligte zu 1. ist Mutter der am 29.08.2011 geborenen M. C.. Die Kindesmutter hat einen Intelligenzquotient von 63 und damit eine leichte Intelligenzminderung, die bei M. ebenfalls diagnostiziert wurde.
Die Kindesmutter ist dem Jugendamt der Stadt Erftstadt seit der Geburt von M. im Jahr 2011 bekannt, da die Familie im Rahmen des Projektes "Kinderzukunft NRW" als sogenannte Risikofamilie eingestuft wurde. Das Jugendamt der Stadt Erftstadt schilderte die Kooperationsbereitschaft der Kindesmutter in vorangegangenen Verfahren M. betreffend während der gesamten Zeit als schwankend, so dass wiederholt Gefährdungseinschätzungen im Hinblick auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung und Auflagen im Rahmen eines sogenannten "Schutzplanes" erforderlich waren und durch die SPFH engmaschig kontrolliert werden mussten.
Es kam zu verschiedenen gerichtlichen Verfahren (Amtsgericht Brühl 32 F 98/14, 32 F 127/19, 32 F 196/20) und einer teilweisen Sorgerechtsentziehung. Nach der Geburt von N. wurde seitens des Jugendamtes der Stadt L. ein Clearing durch die Kinder- und Jugendhilfe OW. mit einem Wochenumfang von zehn Fachstunden durchgeführt, was nach dem Clearingbericht vom 28.06.2021 recht positiv ausfiel.
Nachdem M. Mitte Juni 2021 von Übergriffen des Beteiligten zu 2. berichtet hatte, kam es zu einer Vorstellung bei der behandelnden Kinderärztin und einem Aufenthalt der Kindesmutter mit M. und N. in der Kinderklinik Y.-straße in H. vom 17.06.2021 bis zum 22.06.2021, die eine weitere Exploration durch die Kinderschutzambulanz des Krankenhauses G. empfahl (vgl. den Entlassungsbrief des Kinderkrankenhauses Y.-straße vom 22.06.2021, Bl. 16 ff. d.A. 155 F 109/21 AG Kerpen).
Im Zeitraum 28.06.2021 bis 05.07.2021 wurden M. und N. in der Ärztlichen Kinderschutzambulanz R. e.V. (P. G.) allgemein- und spezifisch-psychodiagnostisch untersucht.
Ausweislich des Abschlussberichts vom 13.07.2021 (Bl. 1 ff. d.A. 155 F 115/21 AG Kerpen) lag das Körpergewicht von N. bei der notfallmäßigen Aufnahme auf der mit der Kinderschutzambulanz kooperierenden Kinderstation des P.s G. am 28.06.2021 unterhalb der dritten Perzentile (dies obwohl N. - der Kinderärztin Frau K. zufolge - bereits am 04.05.2021 im Rahmen der U3-Untersuchung unzufrieden gewirkt und "ausgehungert" ausgesehen habe; der Kindesmutter sei empfohlen worden, dem Säugling zusätzlich zur Stillnahrung alle 3 Stunden eine Flasche zu geben). N. zeigte sich dem Abschlussbericht zufolge in der Klinik als extrem bedürfnisarmes Kind, das außergewöhnlich häufig schlief oder ruhig bzw. still dalag und wiederholt über Stunden keinerlei Bedürfnisse - wie Hunger - bekundete. Er zeigte keinerlei Interaktion und reagierte visuell auf keine Reize außer hellem Licht, was nach neuropädiatrischer Einschätzung mutmaßlich auf unzureichende gezielte interaktionelle bzw. reziproke oder feinfühlige Stimulation durch die Kindesmutter oder eine andere Betreuungsperson zurückzuführen war. N. trug zeitweise verschmutzte Kleidung und wirkte deutlich ungepflegt. Auch bei M. wurde eine deutliche stimulative, körperliche und emotionale Vernachlässigung festgestellt. Neben einer Intelligenzminderung, einer schweren Sprachentwicklungsstörung, einer Sehstörung und einer motorischen Koordinationsstörung fiel auf, dass M. um vier Nummern zu große Schuhe trug sowie psychisch belastet und unruhig wirkte. Nach der fachlichen Einschätzung im vorgenannten Abschlussbericht ergaben sich deutliche Einschränkungen der Kindesmutter in ihrer Erziehungs-, ...