Leitsatz (amtlich)

Bei einer über die Grenzen des Gerichtsbezirks hinausgehenden Sitzverlegung einer Gesellschaft hat das Gericht des bisherigen Sitzes die förmliche Richtigkeit der Anmeldung zu prüfen. Diese Prüfung obliegt gem. § 17 Nr. 1b) RPflG dem Richter des Registergerichts und nicht dem Rechtspfleger. Eine Prüfung im Vorlagebeschluss nach § 5 FGG reicht aus.

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 42 HRB 23/04)

 

Tenor

Zuständig für die Entscheidung über die Eintragung der Verlegung des Sitzes ist das AG Wilhelmshaven.

 

Gründe

I. Die GmbH ist im Handelsregister des AG Köln eingetragen. In der Gesellschafterversammlung vom 19.2.2004 beschloss der Alleingesellschafter eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages. Dabei wurde u.a. durch Neufassung des § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Sitz der Gesellschaft nach Wilhelmshaven verlegt. Mit Schreiben vom 19.2.2004, eingereicht durch den beurkundenden Notar mit Schriftsatz vom 30.3.2004, hat der Beteiligte zu 1) in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) die Änderung des Gesellschaftsvertrages zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Am 15.4.2004 ist der Beteiligte zu 1) als Geschäftsführer gem. § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG von Amts wegen gelöscht worden. Mit Beschluss vom 20.4.2004 ist über das Vermögen der Beteiligten zu 2) der Beteiligte zu 3) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und zugleich angeordnet worden, dass die Verfügungen der Schuldnerin nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt InsO). Mit Verfügung vom 8.6.2004 hat die Rechtspflegerin des AG Köln die Akten nebst Anmeldung und den weiter eingereichten Unterlagen gem. § 13h Abs. 2 S. 1 HGB dem AG Wilhelmshaven mit der Bitte übersandt, die Eintragung der Verlegung des Sitzes und der weiteren angemeldeten Veränderungen vorzunehmen. Zugleich hat sie von Amts wegen den Beteiligten zu 1) wieder als Geschäftsführer in das Register eingetragen. Zuvor hatte die Rechtspflegerin die Akten der zuständigen Abteilungsrichterin vorgelegt. Diese hatte ihr die Akten daraufhin mit dem Vermerk zurückgereicht, die Prüfung der formellen Ordnungsgemäßheit der Anmeldung sei dem Rechtspfleger übertragen. Der Richter des AG Wilhelmshaven hat die Akten an das AG Köln zurückgesandt. Er vertritt die Auffassung, vor Übersendung der Akten an das Gericht des neuen Sitzes "nach § 13 Abs. 2 HGB müsse der gem. § 17 Nr. 1b RPflG funktionell zuständige Richter zunächst die förmliche Anmeldung überprüfen". Diese Prüfung lasse sich den Akten nicht entnehmen. Die Richterin des AG Köln hat sodann die Akten dem Senat gem. § 5 FGG mit der Begründung vorgelegt, die Anmeldung sei, was im Einzelnen ausgeführt wird, formell ordnungsgemäß. Zudem sei diese Prüfung bereits durch die hierfür zuständige Rechtspflegerin erfolgt.

II. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 5 Abs. 1 FGG sind erfüllt, nachdem zwischen den AG Köln und Wilhelmshaven Streit darüber besteht, welches von ihnen für die weitere Bearbeitung der angemeldeten Satzungsänderungen zuständig ist. Die Entscheidung nach § 5 Abs. 1 S. 1 FGG hat das von dem AG Köln angerufene OLG Köln zu treffen, wie das zuerst mit dem Anmeldungsverfahren befasste AG Köln zum Bezirk dieses OLG gehört (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., 2003, § 5 Rz. 39, 46).

Zuständig ist das AG Wilhelmshaven. Die Zuständigkeit des Registergerichts im Falle einer über die Grenzen des Gerichtsbezirks hinausgehenden Sitzverlegung ist in § 13h Abs. 2 HGB geregelt. Danach hat das Gericht des bisherigen Sitzes die Verlegung unverzüglich dem Gericht des neuen Sitzes mitzuteilen (§ 13h Abs. 2 S. 1 HGB). Dieses hat dann zu prüfen, ob der Sitz ordnungsgemäß verlegt und § 30 HGB beachtet ist (§ 13h Abs. 2 S. 3 HGB). Die Abgrenzung der Zuständigkeit ist also in der Weise erfolgt, dass das Gericht der bisherigen Niederlassung bzw. des bisherigen Sitzes der Gesellschaft ausschließlich die formelle Ordungsgemäßheit der Anmeldung prüft. Dem Gericht der neuen Hauptniederlassung bzw. des neuen Sitzes obliegt die Prüfung der mit der Sitzverlegung auftretenden sachlichen Fragen, einschließlich der Zurückweisung des Eintragungsantrages oder gar der Löschung der Eintragung (OLG Köln Rpfleger 1975, 251 [252]; OLG Frankfurt FGPrax 2002, 184 [185]; OLG Hamm Rpfleger 1974, 195; OLG Hamm v. 25.3.1991 - 15 Sbd 4/91, Rpfleger 1991, 317; OLG Hamm v. 19.8.1996 - 15 W 127/96, GmbHR 1996, 858 = NJW-RR 1997, 167 [168]; Baumbach/Hopt, 31. Aufl., 2003, § 13h Rz. 2; Ensthaler/Achilles, HGB, 6. Aufl., 1999, § 13h Rz. 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., 1995, § 13h Rz. 4; Koller/Roth/Morck, HGB, 2003, § 13h Rz. 2; Bokekmann in MünchKomm/HGB, 1996, § 13h Rz. 5; Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht, 6. Aufl., 2003, Rz. 347 f.; Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., 2003, § 142 Rz. 9).

Die Überprüfung der formellen Richtigkeit der Anmeldung beim Registergericht des bisherigen S...

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