Entscheidungsstichwort (Thema)
Abberufung eines Verwalters
Leitsatz (amtlich)
Eine gravierende Pflichtverletzung, die einen wichtigen Grund zur Abberufung der Verwaltung beinhaltet, ist dann gegeben, wenn die Verwaltung mehrere Jahre lang keinerlei Aktivitäten entfaltetet, um ihre Verpflichtungen aus einem gerichtlichen Vergleich zur Neuverteilung laufender Kosten sowie zu Abrechnungserstellungen umzusetzen.
Normenkette
WEG a.F. § 21 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 28.08.2007; Aktenzeichen 8T 47/05) |
AG Bonn (Beschluss vom 28.02.2005; Aktenzeichen 28 II 212/04 WEG) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen werden die Beschlüsse der 8. Zivilkammer des LG Bonn vom 28.8.2007 - 8 T 47/05 - und der Beschluss des AG Bonn vom 28.2.2005 - 28 II 212/04 WEG - wie folgt abgeändert und neu gefasst:
I. Die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 10.4.2004 gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.
1. soweit unter TOP 3
- von der Genehmigung der Jahreseinzelabrechnungen 2003 der angewendete Verteilungsschlüssel bei der Umlage der Kanalgebühren betroffen und die Position "Anwalts- und Gerichtsgebühren" erfasst ist
und
- die Verwalterin entlastet worden ist
2. soweit unter TOP 4
- von der Genehmigung der Einzelwirtschaftspläne 2004 der angewendete Verteilungsschlüssel bei der Umlage der Kanalgebühren betroffen ist.
II. Die Beteiligte zu 4. wird mit Wirkung ab dem 1.10.2008 von ihrem Verwalteramt abberufen.
III. Im Übrigen werden die Anträge der Antragstellerinnen und die von ihnen eingelegten Rechtsmittel zurückgewiesen.
IV. Es tragen von den Gerichtskosten erster und zweiter Instanz die Antragstellerinnen 90 % und die Antragsgegner 10 %. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden den Antragstellerinnen zu 75 % und den Antragsgegnern zu 25 % auferlegt.
Die Beteiligte zu 4. hat den Antragstellerinnen deren außergerichtlichen Kosten i.H.v. 20 % zu erstatten.
Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.
Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
I.1. Der Antrag auf Abberufung der Beteiligten zu 4. als Verwalterin ist entgegen der Auffassung des LG zulässig und sachlich auch begründet.
Das Rechtsschutzbedürfnis für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs im gerichtlichen Verfahren nach § 43 Abs. 1 WEG setzt zwar wegen der vorrangigen Entscheidungskompetenz der Eigentümerversammlung grundsätzlich voraus, dass
der antragstellende Wohnungseigentümer zunächst versucht hat, einen Beschluss der Eigentümerversammlung über die von ihm angestrebte Verwaltungsmaßnahme - Abberufung der Verwalterin - herbeizuführen. An dieser Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Gleichwohl kann ein Rechtsschutzbedürfnis für ein gerichtliches Abberufungsverlangen bejaht werden, wenn dem Wohnungseigentümer die vorherige Anrufung der Versammlung nicht zugemutet werden kann, insbesondere weil in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse ein Mehrheitsbeschluss nicht zu erwarten ist (OLG Hamm ZMR 2004, 854). Eine solche Situation ist hier - entgegen der Auffassung des LG - zu bejahen. Das vorliegende Verfahren sowie zahlreiche Parallelverfahren zeigen, dass die Mehrheit der Eigentümer mit der Verwalterin, der Antragsgegnerin zu 2), einverstanden ist und deren Tätigkeit billigt. Insbesondere haben die Wohnungseigentümer auch im vorliegenden Verfahren den Vortrag der Antragstellerinnen, dass ein Mehrheitsbeschluss über die Abberufung der Antragsgegnerin zu 2) nicht zu erwarten sei, nicht bestritten.
Ein wichtiger Grund für die Abberufung des Verwalters ist gegeben, wenn - bei objektiver Würdigung - den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben auch unter Beachtung der Interessen des Verwalters die Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist. Dies ist vorliegend der Fall. Zwar können sich die Antragstellerinnen nicht mehr auf ein mögliches Fehlverhalten der Beteiligten zu 4. berufen, das schon vor deren bestandskräftigen Neubestellung vom 18.9.2003 vorgelegen hat. In der Eigentümerversammlung vom 18.9.2003 wurde die Antragsgegnerin zu 2) erneut ab dem 1.1.2004 für die nunmehr laufende Amtszeit (1.1.2004 - 31.12.2008) zur Verwalterin bestellt. Dies führt dazu, dass Gründe für die Abberufung der Verwalterin, die zum Zeitpunkt ihrer Neubestellung bereits berücksichtigt werden konnten, nicht mehr geltend gemacht werden können (BayObLG NJW-RR 2004, 89; OLG Köln ZMR 2003, 703).
Der Beteiligten zu 4. sind jedoch gravierende Pflichtverletzungen vorzuwerfen, die in die Zeit nach ihrer Wiederberufung fallen und die ihre Abberufung rechtfertigen.
Die Beteiligte zu 4. hat keinerlei Anstrengungen unternommen, um die Regelungen des am 11.3.2004 im Beschwerdeverfahren 8 T 292/99 LG Bonn geschlossenen Vergleichs zu Ziff. 4 und 7 umzusetzen.
Nach Ziff. 4 des Vergl...