Leitsatz (amtlich)
Das Gericht ist nicht verpflichtet, Termine mit einem Zeugen, der auf eine berufliche Verhinderung hinweist, abzustimmen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass das Ordnungsgeld auf 400 €, ersatzweise 4 Tage Ordnungshaft herabgesetzt wird.
Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer. Jedoch wird die Beschwerdegebühr auf 20 € ermäßigt.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist als Zeuge im Strafverfahren gegen ... zum Hauptverhandlungstermin vom 10.11.2011 um 10.15.Uhr geladen worden. Ausweislich der Zustellungsurkunde ist ihm die Ladung am 18.10.2011 zugestellt worden. Auf telefonische Mitteilung des Zeugen, an diesem Tag von 10 Uhr bis 12 Uhr einen Vortrag in M. halten zu müssen, wurde der Zeuge auf 15.30 Uhr umgeladen. Am 7.11.2011 teilte seine Sekretärin telefonisch mit, der Zeuge sei bei einem Termin in L. und werde erst am Donnerstagabend wieder zurückfliegen.
Dies wurde mit Fax vom 9.11.2011 nochmals bestätigt. Ausweislich eines Vermerks der Vorsitzenden vom selben Tag wurde dem Büro des Zeugen telefonisch mitgeteilt, dass der Zeuge nicht entschuldigt sei und mit den entsprechenden Folgen rechnen müsse. Die Geschäftsstelle hat den Zeugen zudem am 9.11.2011 auf Handy-Mailbox daran erinnert, dass er am 10.11.2011 einen Zeugentermin habe. Der Zeuge selbst teilte der Geschäftsstelle am 9.11.2011 mit, er habe in L. kurzfristig für jemanden einspringen müssen.
Nachdem der Zeuge zum Termin nicht erschienen war, wurde gegen ihn durch Beschluss der 6. großen Strafkammer des Landgerichts K. vom 10.11.2011 ein Ordnungsgeld von 500 €, ersatzweise 5 Tage Ordnungshaft verhängt.
Mit Schreiben vom 29.11.2011 legte der Zeuge gegen den Beschluss Einspruch ein, mit dem er geltend machte, er habe nicht unentschuldigt gefehlt. Seine Sekretärin habe Tage vorher mitgeteilt, dass er einen Tag länger in L. bleiben müsse. Im Übrigen wies der Zeuge darauf hin, dass zuvor zwei Termine, die er sich freigehalten habe, abgesagt worden seien.
Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 5.12.2011 nicht abgeholfen. Insbesondere sei auch kein Fall des § 51 Abs. 2 S. 3 StPO gegeben, da der Zeuge sich nicht nachträglich genügend entschuldigt habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde zu verwerfen.
II. Der als Beschwerde zu wertende Einspruch des Zeugen ist nach § 304 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel richtet sich gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 10.11.2011 und enthält keine nachträgliche Entschuldigung i.S.d. § 51 Abs. 2 S. 3 StPO. Denn es zeigt keine neuen Gründe für das Fernbleiben auf, sondern verweist nur auf die bereits vor dem Termin erklärte Entschuldigung. Der Beschluss der Strafkammer ist daher auch nicht als Entscheidung über eine nachträgliche Entschuldigung gemäß § 51 Abs. 2 S. 3 StPO zu werten, gegen die selbständig Beschwerde eingelegt werden müsste.
In der Sache ist die Beschwerde insoweit begründet, als das Ordnungsgeld auf 400 €, ersatzweise 4 Tage Ordnungshaft herabzusetzen ist.
Das Fernbleiben des Zeugen war nicht genügend entschuldigt. Die Pflicht eines Zeugen, vor Gericht zu erscheinen, ist eine allgemeine Staatsbürgerpflicht. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Zeugenpflicht mit der Wahrnehmung beruflicher Pflichten kollidiert. Das Gericht ist deshalb auch nicht verpflichtet, Termine mit einem Zeugen, der auf eine berufliche Verhinderung hinweist, abzustimmen (BVerfG NJW 2002, 955). Dies gilt vorliegend umso mehr, als in keiner Weise nachvollziehbar ist, warum der Zeuge in L. kurzfristig für jemanden einspringen musste, anstatt den Termin, zu dem er bereits am 18.10.2011 geladen worden ist, wahrzunehmen. Zudem war der Zeitpunkt seiner Vernehmung bereits zuvor von 10.15 Uhr auf 15.30 Uhr verlegt worden, weil der Zeuge mitgeteilt hatte, am 10.11.2011 von 10 bis 12 Uhr in M. einen Vortrag zu halten. Dem Gericht wäre eine prozessökonomische Durchführung eines Strafverfahrens nicht möglich, wenn es auf jedwede Terminänderungen, die ein Zeuge in Kenntnis eines bereits abgesprochenen Gerichtstermins vornimmt, Rücksicht nehmen müsste.
Allerdings erscheint das Verschulden des Zeugen, der sich zuvor bereits zweimal Termine freigehalten hatte, zu denen er erschienen, aber nicht vernommen worden ist, nicht so groß, dass die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 500 € erforderlich wäre. Dem Senat erscheint aufgrund der Gesamtumstände vielmehr ein Ordnungsgeld von 400 €, ersatzweise 4 Tage Ordnungshaft - wie von der Staatsanwaltschaft beantragt - als Ahndung ausreichend.
Fundstellen