Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das zweite Versäumnisurteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 09. Dezember 2022 - 11 O 349/21 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Der Wert für das Berufungsverfahren wird auf 16.804,14 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger hat nach von ihm erklärten Rücktritt im Rahmen eines Kaufvertrages über ein Fahrzeug den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Gebrauchsvorteils sowie auf Erstattung von Gutachterkosten in Anspruch genommen. Nachdem das Landgericht gegen den Kläger ein erstes Versäumnisurteil erlassen hatte, gegen das der Kläger fristgemäß Einspruch eingelegt hatte, ist der Verhandlungstermin hierüber auf den 09. Dezember 2022 für 13.00 Uhr festgesetzt worden.

Gegen 13.20 Uhr ist der ordnungsgemäß geladene Prozessbevollmächtigte des Klägers noch nicht erschienen gewesen und hat über sein Büro mitteilen lassen, dass er sich zurzeit noch im Gerichtsgebäude in Essen befinde und nicht vor 14.30 Uhr in Aachen erscheinen werde (GA Bl. 397). Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten - der ebenso wie der angereiste Zeuge nicht derart lang hat warten können - hat das Landgericht ein zweites Versäumnisurteil gegen den Kläger erlassen.

Gegen das am 12. Dezember 2022 an seinen Prozessbevollmächtigten zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 12. Januar 2023 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. März 2023 mit an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger (GA Bl. 94-99) gegen das landgerichtliche Urteil mit dem Ziel, unter Aufhebung des zweiten Versäumnisurteils eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Aachen zu erreichen.

Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass keine unverschuldete Säumnis des Klägers vorgelegen habe.

Der hiesige Sachbearbeiter selbst habe gegen 12.00 Uhr einen unaufschiebbaren Termin in Marl wahrgenommen. Ein weiterer Sozietätskollege habe am Sitzungstag gegen 11.00 Uhr und 11.15 Uhr jeweils eine Sitzung in Essen wahrnehmen sollen. Dieser sei dann aber unerwartet erkrankt, so dass beide Termine von dem dritten Sozietätskollegen wahrgenommen worden seien.

Nachdem der erste Termin erst um 11.30 Uhr zu Ende gegangen sei, habe der Sitzungsvertreter sein Büro gebeten, das Landgericht Aachen über seine voraussichtliche Verspätung zu informieren und nach einer Verlegung des Termins zu fragen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Sitzungsvertreter davon ausgegangen, dass der zweite Termin nicht länger als 20 Minuten dauern würde, so dass er bei einer Fahrtzeit von Essen nach Aachen von 1 ¼ Stunden zwar nicht pünktlich, aber doch innerhalb von 15 Minuten nach Sitzungsbeginn in Aachen eintreffen werde.

Abweichend von seinen Erwartungen sei die Sitzung in Essen statt um 11.50 Uhr aber erst um 13.00 Uhr beendet worden. Auf Nachfrage bei seinem Büro, ob der Termin in Aachen verlegt worden sei, habe er die Mitteilung erhalten, dass noch keine Rückmeldung vorliege.

Um 14.30 Uhr habe der Sitzungsvertreter das Landgericht Aachen erreicht, aber niemanden mehr im Sitzungssaal angetroffen.

Der Kläger beantragt,

das zweite Versäumnisurteil des Landgerichts Aachen vom 09. Dezember 2022 - 11 O 349/21 - aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Aachen zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung (GA Bl. 113-119). Da der Sitzungstag ein Freitag gewesen sei, sei die Strecke von Essen nach Aachen nicht innerhalb von 1 ¼ Stunden zu bewältigen gewesen. Letztlich werde der gesamte Vortrag bestritten.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers gegen das zweite Versäumnisurteil des Landgerichts Aachen ist nicht statthaft, § 514 Absatz 2 ZPO, und wird gemäß § 522 Absatz 1 Satz 1 und 2 ZPO als unzulässig verworfen.

Gegen ein Versäumnisurteil ist die Berufung nach § 514 Absatz 1 ZPO grundsätzlich nicht gegeben. Sie ist nach § 514 Absatz 2 ZPO nur ausnahmsweise dann statthaft, wenn gegen das Versäumnisurteil ein Einspruch an sich nicht statthaft ist, und wenn die Berufung darauf gestützt wird, dass ein Fall der schuldhaften Säumnis nicht gegeben war.

Ein zulässiges Rechtsmittel setzt voraus, dass der Berufungskläger in der Berufungsinstanz schlüssig darlegt, dass kein Fall der schuldhaften Säumnis im Sinne des § 337 ZPO vorliegt. Dabei ist auch ein schuldhaftes Verhalten seines Prozessbevollmächtigten, das heißt die Nichtbeachtung der üblichen, von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernden Sorgfalt (BGH, Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98, NJW 1999, 724-725, juris: Tz. 8) auszuräumen, da eine Partei sich dessen Verschulden nach § 85 Absatz 2 ZPO als eigenes anrechnen lassen muss.

Der Kläger hat zu einer unverschuldeten Säumnis nicht schlüssig vorgetragen, so dass die a...

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