Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Allstimmigkeit für die Änderung von Teilungserklärungen
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner haben die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
Gründe
In § 15 Nr. 5 der Teilungserklärung der vorliegenden Wohnungseigentümergemeinschaft ist für den Fall, daß eine Eigentümer-Versammlung nicht beschlußfähig ist, die Einberufung einer neuen Versammlung so vorgesehen, wie dies auch in § 25 Abs. 4 WEG gesetzlich geregelt ist.
In der Eigentümer-Versammlung vom … ist unter TOP 9 mit Mehrheit beschlossen worden, daß der Verwalter bereits mit der ersten Einladung zur ordentlichen Eigentümerversammlung zu einer zweiten Versammlung, 30 Minuten später, am gleichen Tage mit gleicher Tagesordnung und mit dem Hinweis, daß diese zweite Versammlung ohne Rücksicht auf die vertretenen Miteigentumsanteile beschlußfähig ist, einladen darf.
Mit fristgemäß eingereichtem Antrag haben die Antragsteller beantragt, diesen Beschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat diesem Antrag stattgegeben. Die dagegen von den Antragsgegnern eingelegte sofortige weitere Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
Diese ist zulässig, aber nicht begründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, 27 FGG).
Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, daß der zu TOP 9 gefaßte Beschluß jedenfalls deshalb ungültig ist, weil er nur mehrheitlich gefaßt worden ist.
Wie schon das Landgericht ausgeführt hat, bedarf es nicht der Entscheidung, ob die in § 25 Abs. 4 WEG getroffene Regelung abdingbar ist. Denn auch dann, wenn dies bejaht wird, kann die entsprechend in der Teilungserklärung vorgesehene Regelung nur durch eine Vereinbarung – also mit Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer – eine Ergänzung erfahren, wie sie in TOP 9 formuliert worden ist.
Nach Auffassung auch des Senats stellt nämlich die darin vorgesehene Eventualeinberufung einer zweiten Versammlung zugleich mit der Einladung zur ersten Versammlung eine „Abänderung” der Teilungserklärung dar; eine solche ist aber grundsätzlich nur einstimmig möglich, wie das Landgericht – worauf Bezug genommen wird – richtig entschieden hat.
§ 15 Nr. 5 TE und § 25 Abs. 4 WEG lassen entgegen der Auffassung der Antragsgegner und einer Minderheit in Rechtsprechung und Literatur (vgl. LG Wuppertal und Brych in BB 1979, 347; Decken in NJW 1979, 2291) nicht die Auslegung zu, daß eine gleichzeitige Eventualeinberufung statthaft ist. Denn nach Wortlaut und Zweck dieser Bestimmungen darf die Wiederholungsversammlung erst einberufen werden, wenn die Beschlußunfähigkeit der Erstversammlung festgestellt worden ist (so die eindeutig h.M. in Rechtsprechung und Literatur; vgl. OLG Bremen in Rechtspfleger 1980, 295; OLG Celle in Niedersächsischer Rechtspfleger 1978, 149; KG nach Dittrich in ZMR 1986, 189; Weitnauer, 7. Aufl., Rdn. 5 zu § 25 WEG; Bärmann/Pick/Merle, 5. Aufl., Rdn. 44 zu § 25 WEG; Tasche in DNotZ 1974, 581). Zwar führt dies in den einschlägigen Fällen zu einem mühsamen und zeitaufwendigen Verfahren. Doch würden bei einer gegenteiligen Auslegung der genannten Vorschriften nicht nur § 15 Nr. 5 Abs. 2 TE und § 25 Abs. 4 Satz 1 WEG. sondern vor allem auch § 15 Nr. 5 Abs. 1 TE und § 25 Abs. 3 WEG ihre wichtige Bedeutung verlieren und wie ersatzlos gestrichen behandelt. Wenn nämlich aufgrund einer zugleich einberufenen Wiederholungsversammlung Beschlüsse stets ohne qualifizierte Mehrheit gefaßt werden können, widerspricht das der von der Teilungserklärung und dem Wohnungseigentumsgesetz aufgestellten Forderung, daß eine Versammlung grundsätzlich nur beschlußfähig ist, wenn die vorgesehene Mehrheit der Anteile vertreten ist. Da letzteres als generelle Voraussetzung für das Zustandekommen eines Beschlusses von der Teilungserklärung und dem Wohnungseigentumsgesetz gefordert wird, würde die Zulassung einer Eventualeinberufung dagegen verstoßen und kann deshalb nicht als rechtmäßig angesehen werden.
Mit dem zur Änderung der Satzung eines Vereins ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.10.1988 (NJW-RR 1989, 376) kann der vorliegende Fall nicht verglichen werden. Im Vereinsrecht besteht schon nicht der Grundsatz, daß für die Mitgliederversammlung Beschlußfähigkeit nur besteht, wenn eine bestimmte Mehrheit der Mitglieder erschienen ist; vielmehr ist eine Mitgliederversammlung grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienen Mitglieder beschlußfähig (§ 32 Abs. 1 Satz 3 BGB und die in der Entscheidung des BGH angesprochene Vereinssatzung). Nach dem Gesetz ist selbst für eine Änderung der Satzung eines Vereins nur eine 3/4-Mehrheit der erschienenen (nicht aber aller) Mitglieder erforderlich (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BGB). Wenn der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung eine Eventualeinberufung für zulässig angesehen hat, ...