Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 12.04.2002; Aktenzeichen 103 StVK 152/01) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten hierin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts Langenfeld vom 8. Juni 1999 wurde gegen den Verurteilten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen und wegen falscher Verdächtigung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten erkannt; die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Dem Verurteilten wurde unverzügliche Mitteilung jeden Wohnsitzwechsels während der Bewährungszeit an das Gericht aufgegeben.
Nachdem der Verurteilte unbekannten Aufenthalts geworden war, hat das Amtsgericht am 22. Oktober 1999 Sicherungshaftbefehl erlassen. Noch ehe der Verurteilte festgenommen werden konnte, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 30. Dezember 1999 die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen. Die öffentliche Zustellung dieses Beschlusses ist angeordnet und durchgeführt worden, sodann ist auf dem Widerrufsbeschluss Rechtskraftvermerk unter dem Datum 11. Mai 2000 angebracht worden.
Der Verurteilte wurde am 19. Juni 2000 festgenommen und am 20. Juni 2000 dem Strafrichter bei dem Amtsgericht vorgeführt. Dieser hat ihm nur den Sicherungshaftbefehl vom 22. Oktober 1999, nicht aber den Widerrufsbeschluss vom 30. Dezember 1999 bekannt gegeben; der Sicherungshaftbefehl ist sodann aufgehoben worden. Mit Verfügung vom 30. Juni 2000 hat sodann das Amtsgericht die erneute Zustellung des Widerrufsbeschlusses zum einen mit der Rechtsmittelbelehrung über die sofortige Beschwerde und zum anderen mit dem Zusatz "Sie haben Gelegenheit zur nachträglichen Äußerung binnen einer Woche" angeordnet. Diese Zustellung ist durch Niederlegung am 27. Juli 2000 erfolgt.
Nachdem der Verurteilte aufgrund eines inzwischen ergangenen Vollstreckungshaftbefehls am 16. Januar 2001 zur Strafverbüßung festgenommen worden war, hat der Verteidiger für ihn unter dem 23. Januar 2001 sofortige Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss vom 11. Mai 2000, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, mit der Begründung eingelegt, bis zu der Festnahme habe der Verurteilte weder von dem Widerrufsbeschluss noch von dem Vollstreckungshaftbefehl Kenntnis gehabt.
Die I. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf hat mit Beschluss vom 12. März 2001 auf diese sofortige Beschwerde hin den Widerrufsbeschluss des Amtsgerichts Langenfeld vom 30. Dezember 1999 aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt, einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedürfe es nicht, weil der angefochtene Widerrufsbeschluss zu keiner Zeit wirksam zugestellt worden und damit die Frist des § 311 Abs. 2 StPO nicht in Gang gesetzt worden sei. In der Sache habe ein Widerrufsgrund trotz der Nichtanzeige eines Wohnungswechsels durch den Verurteilten, die auf bloßer Nachlässigkeit beruht habe, nicht vorgelegen.
Eine Gegenvorstellung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die diesen Beschluss des Landgerichts wegen Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses für gegenstandslos gehalten hat, hat die Beschwerdestrafkammer mit Vermerk vom 29. März 2001 zurückgewiesen. Eine von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sodann eingelegte (weitere) Beschwerde ist auf Weisung der Generalsstaatsanwaltschaft zurückgenommen worden.
Schon vor dem Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 12. März 2001 hatte mit der am 16. Januar 2001 erfolgten Festnahme des Verurteilten die Strafvollstreckung in vorliegender Sache (zunächst in der JVA Attendorn, sodann in der JVA Köln) begonnen. Zwei-Drittel-Zeitpunkt war auf den 15. März 2001 notiert. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln hat mit Beschluss vom 7. März 2001 die Vollstreckung der Reststrafe mit Wirkung zum 15. März 2001 gemäß § 57 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt.
Nachdem der den Widerrufsbeschluss des Amtsgerichts Langenfeld aufhebende Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 12. März 2001 bekannt geworden war, ist der Verurteilte bereits zum 12. März 2001 in vorliegender Sache aus der Strafhaft entlassen worden (und hat anschließend noch eine anderweitige Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt). Mit Beschluss vom 23. August 2001 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln ihren vorangegangenen Reststrafaussetzungsbeschluss vom 7. März 2001 als gegenstandslos aufgehoben, weil der Verurteilte aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Düsseldorf vom 12. März 2001 gar keine Freiheitsstrafe zu verbüßen gehabt habe.
Mit Schriftsatz vom 18. April 2001 hat der Verteidiger "Haftentschädigung" für 60 Tage zu je 20,00 DM beantragt. Dieser Antrag ist als Antrag auf Entschädigung gemäß § 1 StrEG der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln vorgelegt worden.
Diese hat mit Beschluss vom 12. April 2002 festgestellt, dass dem Verurteilten gemäß § 1 StrEG Haftentschädigung zu gewähren sei, "soweit die mit Urteil des Amtsgerichts Langenfeld vom 8. Juni 1999 verhängte Freiheitsstrafe voll...