Leitsatz (amtlich)

1. Die Verfahrenseinstellung gem. § 154 Abs. 2 StPO in der Berufungsinstanz stellt kostenmäßig keinen Teilerfolg dar, weil der Tatvorwurf mit der Einstellung aus dem Verfahren ausscheidet und nicht mehr Gegenstand der Kostenentscheidung im Berufungsurteil ist.

2.Für die Anfechtung der Kostenentscheidung durch den Verurteilten gilt das Verschlechterungsverbot nicht.

 

Tenor

1. Unter Verwerfung der sofortigen Beschwerde des Verurteilten wird die Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts K. vom 09.11.2011 dahin abgeändert, dass der Verurteilte die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich seiner eigenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.

 

Gründe

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Rechtsmittel des Verurteilten den Antrag gestellt,

auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten, die Kostenentscheidung im Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts K. vom 09.11.2011 abzuändern und wie folgt neu zu fassen: Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen.

Zur Begründung dieses Antrags hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Vorlageverfügung vom 07.02.2012, zu der der Verurteilte Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat, folgendes ausgeführt:

"I. Durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 21.01.2011 ist der Verurteilte wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen á 10,00 € (Einzelstrafe jeweils: 40 Tagessätze á 10,00 €) verurteilt worden.

Auf seine hiergegen eingelegte Berufung hat das Landgericht K. durch Urteil vom 09.11.2011 das Urteil des Amtsgerichts K. vom 21.01.2011 dahingehend abgeändert, dass er wegen versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen á 10,00 € verurteilt worden ist.

Die weitere Tat der versuchten Nötigung vom 08.11.2009 ist in der Hauptverhandlung vom 09.11.2011 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Das Landgericht hat zudem entschieden, die Kosten des Berufungsverfahrens und der in der 2. Instanz entstandenen notwendigen Auslagen zu ¾ dem Verurteilten und zu ¼ der Staatskasse aufzuerlegen.

Gegen die Kostenentscheidung hat der Verurteilte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22.12.2011, eingegangen beim Landgericht K. am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt und mit weiterem Schriftsatz vom 17.01.2012 begründet. Er führt aus, mit dem Rechtsmittel werde eine Kostengrundentscheidung angestrebt, nach der "die notwendigen Auslagen vom Angeklagten und der Staatskasse zu jeweils zu ½ getragen werden" müssten.

Die zwischenzeitlich ebenfalls eingelegte Revision des Verurteilen gegen das Urteil des Landgerichts K. ist zurückgenommen worden.

II. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist gemäß § 464 Abs. 3 S. 1 StPO statthaft und gemäß §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 1 und 2 StPO auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist gemäß § 300 StPO dahingehend auszulegen, dass der Verurteilte lediglich eine andere Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens erstrebt.

Sie ist jedoch unbegründet.

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeschrift und den Ausführungen des Landgerichts zur getroffenen Kostenentscheidung lag vorliegend kein Fall nach § 473 Abs. 4 StPO vor, denn der Verurteilte hat durch sein eingelegtes Rechtsmittel keinen Teilerfolg erzielt.

Das Landgericht hat den Verurteilten wegen einer Tat der versuchten Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen á 10,00 € verurteilt. Diese Verurteilung entspricht der Verurteilung des Amtsgerichts in der ersten Instanz, denn dort hatte das Amtsgericht ihn u.a. wegen einer Tat der versuchten Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen á 10,00 € (als Einsatzstrafe) verurteilt.

Soweit das Amtsgericht ihn darüber hinaus wegen einer weiteren Tat der versuchten Nötigung vom 08.11.2009 verurteilt hatte, hat das Landgericht das Verfahren in der Hauptverhandlung vom 09.11.2011 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Tat war somit aus dem Verfahren ausgeschieden, damit nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens und auch nicht mehr Gegenstand der im Berufungsurteil zu treffenden Kostenentscheidung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.03.1995, - 5 Ss 34/95 - 24/95 1 - und - 1 Ws 174/95 - = MDR 1995, 856; KG Berlin, Beschluss vom 18.11.2008 - 1 Ws 354/08 - zitiert nach juris).

Demzufolge konnte sie aber kostenmäßig auch keinen zu berücksichtigenden Teilerfolg nach § 473 Abs. 4 StPO darstellen (vgl. SenE, Beschluss vom 10.12.2010 - 2 Ws 791/10 -; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.03.1995, - 5 Ss 34/95 - 24/95 1 und - 1 Ws 174/95 - = MDR 1995, 856; KG Berlin, Beschluss vom 18.11.2008 - 1 Ws 354/08 -, zitiert nach juris; Meyer-Großner, StPO, 54. Aufl., § 473 Rn. 25 a.E. zu § 154a Abs. 2).

Demzufolge richtet sich die Kosten- und Auslagenentscheidung im vorliegenden Fall nach § 473 Abs. 1 S. 1 StPO, denn danach hat der Verurteilte die Kosten eines Rechtsmittels zu tragen, soweit dieses - wie hier - erfolglos eingelegt wurde.

Im Falle der Anfechtung der Kostenentscheidung...

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