Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslandsadoption; iranisches Recht; Anerkennungsfähigkeit einer iranischen Entscheidung als schwache Adoption nach deutschem Recht; ordre public
Leitsatz (amtlich)
1. Verfahren zur Feststellung der Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung nach dem AdWirkG sind keine Adoptionssachen nach §§ 111 Nr. 4, 186 ff. FamFG und auch sonst keine Familiensachen i.S.d. § 111 FamFG.
Verfahren nach dem AdWirkG sind Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und verlangen zwingend ein Abhilfeverfahren (im Anschluss an OLG Hamm NJW-RR 2012, 582).
2. Der Beschluss eines iranischen Gerichts nach Art. 1 ff. des iranischen "Gesetz zum Schutz von Kindern ohne Vormund", wonach Eheleuten das "endgültige Erziehungsrecht" über ein elternloses Kind erteilt wird, begründet ein dauerhaftes rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis ("sarparasti"). Ein solcher Beschluss beinhaltet eine schwache Adoption nach deutschem Recht, §§ 1767 ff. BGB. Der Anwendungsbereich der §§ 1 ff. AdWirkG ist damit eröffnet, wenn der Anzunehmende minderjährig ist.
3. Der Anerkennung einer ausländischen (hier: iranischen) Adoptionsentscheidung steht der deutsche ordre public nicht entgegen, wenn im ausländischen Adoptionsverfahren eine eingehende Kindeswohlprüfung, insbesondere eine umfängliche Prüfung der Elterneignung erfolgt ist. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn verschiedene ausländische Behörden, u.a. das dortige Jugendamt, die Elterneignung der zu dieser Zeit vor Ort lebenden Annehmenden über einen Zeitraum von mehr sechs Monaten durch verschiedene Fachbehörden sowie das Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnis überprüft und bejaht haben.
Eine fehlende Prüfung der zukünftigen Lebenssituation der Annehmenden und des anzunehmenden Kindes in Deutschland verstößt in einem solchen Fall nicht gegen den deutschen ordre public; sie kann - ausnahmsweise - im Anerkennungsverfahren nachgeholt werden.
Normenkette
AdWirkG §§ 1-2; BGB §§ 1741, 1767; FamFG §§ 68, 109 Abs. 1 Nr. 4, § 111
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 29.04.2010; Aktenzeichen 304 F 279/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des AG Köln vom 29.4.2010 - 304 F 279/09 - einschließlich der Kostenentscheidung abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt:
Die Annahme des Kindes T., geboren am 0.00.2006 in Teheran/Iran, durch die Eheleute Jörg V. und B., wohnhaft in G., gemäß der rechtskräftigen Entscheidung des AG Teheran/Iran, 45. Kammer, vom 25.7.2009 (Az. 848/45/88) wird anerkannt, § 2 Abs. 1 AdWirkG.
Das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern ist nicht erloschen, § 2 Abs. 1 AdWirkG.
Das Annahmeverhältnis steht in Ansehung der elterlichen Sorge und der Unterhaltspflicht einem nach den deutschen Sachvorschriften begründe-ten Annahmeverhältnis gleich, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AdWirkG.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird hinsichtlich beider Instanzen abgesehen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. und 2., die im Be-schwerdeverfahren entstanden sind, fallen der Staatskasse zur Last. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Verfahrenswert: 3.000 EUR
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die Anerkennung einer im Iran ergangenen Entscheidung als Adoption des Kindes T. durch seine Ehefrau und ihn.
Der Antragsteller, deutscher Staatsangehöriger, und die Beteiligte zu 2., die im Iran geboren wurde, seit 1989 in Deutschland lebt und die deutsche und iranische Staatsangehörigkeit hat, haben 1994 in Deutschland geheiratet und haben seitdem ohne Unterbrechung in Deutschland gelebt. Die Ehe ist kinderlos geblieben.
Die Ehefrau des Antragstellers, die sich wegen ihrer iranischen Herkunft ein Adoptivkind aus diesem Kulturkreis wünschte, sowie der Antragsteller nahmen 2008 Kontakt zur staatlichen Jugendbehörde in Teheran ("C.") auf. Dort reichten sie noch von Deutschland aus die erforderlichen Urkunden zu ihrer Person ein. Sie mussten sowohl verschiedene Unterlagen zu ihrem Gesundheitszustand wie auch zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorlegen, u.a. Geburtsurkunden, Eheschließungsbescheinigung, polizeiliche Führungszeugnisse, Arbeitsvertrag und Gehaltsbescheinigungen sowie einen Grundbuchauszug zu einer Eigentumswohnung. Nach positiver Rückmeldung der iranischen Behörden reisten die Eheleute im Herbst 2008 in den Iran und mieteten dort eine Wohnung an. Nach einem eingehenden Gespräch mit verschiedenen Mitarbeitern der zuständigen staatlichen Behörden und dem Leiter eines Kinderheims wurde ihnen Ende Dezember 2008 erlaubt, zu einem von den iranischen Behörden ausgesuchten Kind, T., in einem staatlichen Kinderheim unter gleichzeitiger Beobachtung durch eine Mitarbeiterin des Kinderheimes Kontakt aufzunehmen und T. täglich zu besuchen. Nach einigen Wochen wurden den Antragstellern erstmalig erlaubt, mit dem Kind stundenweise das Gelände des Kinderheims zu verlassen. Schließlich wurde ihnen mit Beschluss vom 31.1.2009 im Rahmen einer vorläufigen Maßnahme gestattet, T. für eine sec...