Leitsatz (amtlich)
Verstoß gegen § 136a Abs. 1 S. 3 StPO durch Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (hier: Ablegung eines Geständnisses gegen das Versprechen keinen Haftbefehl zu beantragen)
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Angeschuldigten darin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft K. hat unter dem 09.01.2013 gegen den Angeschuldigten B.M. wegen des Vorwurfs des schweren Raubes, begangen am 05.10.2012, Anklage zum Landgericht - große Strafkammer - in K. erhoben.
Der Anklagesatz lautet:
"Am Tattag begab sich der Angeschuldigte zur Filiale der R.Bank in B. Dort traf er auf den Geschädigten M." der gerade im Begriff war, die Tageseinnahmen, 22.000,- €, im Tresor zu verstauen. Diesen forderte er, eine Gaspistole drohend in der Hand haltend, auf, ihm das Geld zu übergeben. Der Geschädigte legte sich auf den Boden und hielt die Tüte mit dem Geld in die Höhe. Der Angeschuldigte entriss dem Geschädigten die Tüte, um wie ein Eigentümer über das Geld zu verfügen."
Als Beweismittel hat die Staatsanwaltschaft u.a. die geständige Einlassung des Angeschuldigten bezeichnet, die gegenüber dem Zeugen KK F. im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung vom 19.12.2012 erfolgt ist. Dieser Vernehmung vorausgegangen war ein Vorgespräch, zu dessen Inhalt sich die von KK F. gefertigten Aktenvermerke vom 19.12.2012 und 28.01.2013 sowie der Abschlussvermerk vom 02.01.2013 verhalten; auf den Inhalt der vorbezeichneten Vermerke wird insoweit Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 12.04.2013 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, es sei nicht davon auszugehen, dass mit den Beweismitteln und Erkenntnismöglichkeiten der Hauptverhandlung eine Verurteilung wegen der angeklagten Straftat wahrscheinlich ist. Die geständige Einlassung des Angeschuldigten sei wegen eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 136 a Abs. 1 S. 3 Abs. 2 StPO gemäß § 136 a Abs. 3 S. 2 StPO nicht verwertbar. Nach dieser Vorschrift sei das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils, insbesondere das einer Haftentlassung bei Vorliegen des Haftgrundes der Fluchtgefahr, verboten. Dem Angeschuldigten, gegen den der Haftgrund der Fluchtgefahr nach Auffassung der Kammer zum Zeitpunkt dessen Festnahme vorgelegen habe, sei ein solcher Vorteil versprochen worden. Der Angeschuldigte habe gegenüber dem ihn vernehmenden Polizeibeamten seine Aussagebereitschaft von dem Nichtergehen eines Untersuchungshaftbefehls abhängig gemacht. Der Vernehmungsbeamte habe daraufhin mit der Staatsanwaltschaft Rücksprache gehalten und ihm anschließend erklärt, dass kein Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt werde. Diese Vorgehensweise habe das Versprechen eines nicht vorgesehenen Vorteils beinhaltet. Vorliegend handele es sich daher um einen der Entscheidung des BGH NJW 1965, 2262 gleichgelagerten Fall, da der Angeschuldigte auch hier bei seiner Entscheidung, ob und inwieweit er seine Täterschaft bestreiten oder zugeben soll, unter dem unsachlichen Zwang der Zusage, dass er sich mit einem Geständnis seine Freilassung erkaufen kann, gestanden habe. Im Hinblick darauf falle die Beweisbarkeitsprognose negativ aus. Denn von einem erneuten Geständnis des Angeschuldigten in der Hauptverhandlung könne nicht ausgegangen werden. Gemäß § 136 a Abs. 3 StPO könne seine Aussage zudem auch nicht mittelbar verwertet werden und die Aussagen der benannten Tatzeugen seien zur Überführung des Angeschuldigten wenig ergiebig.
Gegen diesen ihr am 16.04.2013 zugestellten Beschluss hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 17.04.2013, eingegangen bei dem Landgericht am 18.04.2013, sofortige Beschwerde eingelegt und diese u.a. damit begründet, dass dem Angeschuldigten ein gesetzlich nicht vorgesehener Vorteil nicht versprochen worden sei. Die Auskunft des Vernehmungsbeamten, es werde kein Haftbefehl beantragt, sei nicht mit der Bereitschaft des Angeschuldigten, ein Geständnis abzulegen, verknüpft worden. Sie sei vielmehr ausschließlich Resultat einer Prüfung der Haftgründe durch den zuständigen Staatsanwalt, die zur Feststellung geführt habe, dass solche nicht vorgelegen hätten. Die Annahme der Kammer, der Angeschuldigte werde im Rahmen der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch machen, sei zudem mangels hinreichender Tatsachengrundlage rein spekulativ. Der Angeschuldigte habe gewusst, dass er eine empfindliche Haftstrafe zu erwarten habe und sich gegenüber dem Vernehmungsbeamten lediglich dahingehend geäußert, "nicht in Untersuchungshaft zu wollen."
Der Senat hat dem Angeschuldigten unter dem 13.05.2013 Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und der Beschwerdebegründung der Generalstaatsanwaltschaft sowie zur Benennung eines Verteidigers gegeben. Nachdem der Angeschuldigte innerhalb der ihm gesetzten Frist keinen Verteidiger benannt hat, hat ...